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Minderjährige Flüchtlinge in Potsdam: Vormund gesucht
Wenn minderjährige Flüchtlinge nach Deutschland kommen, brauchen sie einen Vormund. Oft übernehmen die Jugendämter diese Aufgabe. Doch auch Privatpersonen können sich um jugendliche Flüchtlinge kümmern.
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Potsdam - Sie sind Waisen, haben ihre Eltern auf der Flucht aus den Augen verloren oder wurden schlicht alleine auf die Reise geschickt, weil das Geld nicht für die ganze Familie reichte: jugendliche Flüchtlinge. Die sogenannten unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge brauchen nicht nur eine besondere Unterstützung und besondere Unterbringung. Weil sie noch nicht volljährig sind, brauchen sie auch einen Vormund. Oft übernimmt dies das städtische Jugendamt, doch Privatpersonen können ebenso eine Vormundschaft übernehmen – auch in Potsdam.
Keine Verpflichtung, minderjährigen Flüchtling bei sich zu Hause aufzunehmen
Ein Vormund übernimmt die elterliche Sorge und damit das Aufenthaltsbestimmungs-, das Erziehungsrecht sowie die Sicherstellung der Gesundheitssorge, wie es im Beamtendeutsch heißt. Konkret bedeutet das, dass der Vormund zum Beispiel dabei hilft, eine geeignete Unterkunft für den Jugendlichen zu finden, ihn bei der Schulwahl unterstützt, die nötigen Ämtergänge im Blick hat oder bei gesundheitlichen Problemen mitentscheidet, welche Therapie geeignet ist. Aber auch bei persönlichen Problemen oder zum Beispiel Schwierigkeiten in der Schule soll der Vormund Ansprechpartner sein, im Idealfall entwickelt er sich als Vertrauensperson. Der Gesetzgeber schreibt persönlichen Kontakt einmal im Monat vor – in der Praxis wird dies aber selten ausreichen. Eine Unterbringung in den eigenen vier Wänden ist mit einer Vormundschaft ausdrücklich nicht verbunden.
Voraussetzung für die übrigens ehrenamtliche Tätigkeit ist unter anderem ein erweitertes Führungszeugnis. Laut Potsdamer Jugendamt wird auch die persönliche Eignung geprüft – also ob der potenzielle Vormund eine geeignete Persönlichkeit hat und in gesicherten materiellen Verhältnissen lebt. Außerdem soll der Vormund „die Bindungen des Mündels, seine Beziehungen zu Verwandten und sein religiöses Bekenntnis“ achten. Vor allem Menschen „mit interkulturellen Kompetenzen“ werden in Potsdam derzeit gesucht.
35 minderjährige Flüchtlinge in Potsdam
Zur Zeit sind laut Stadtverwaltung 35 unbegleitete minderjährige Flüchtlinge in Potsdam – sie sind in der Erstaufnahme-Einrichtung in der Heinrich-Mann-Allee untergebracht. Im Gegensatz zu den erwachsenen Jugendlichen ist für sie nicht das Land, sondern die Kommune zuständig, in dem Fall das Potsdamer Jugendamt. Es nimmt die Jugendlichen – meist sind sie um die 16 Jahre alt – offiziell in Obhut und führt ein sogenanntes Clearingverfahren durch. Wenn die Herkunft, die persönliche Situation und etwa der Bildungsstand geklärt ist, sollen die Jugendlichen in einer noch zu schaffenden Einrichtung untergebracht werden und ein Vormund bestellt werden. Oft übernimmt dies erneut das Jugendamt, doch die Möglichkeit eines sogenannten Einzelvormunds ist da – und laut Stadt auch gewollt.
„Sie suchen eine ehrenamtliche Herausforderung? Sie wollen sich für Kinder und Jugendliche stark machen?“ heißt es auf einem Flyer des Potsdamer Jugendamts. Koordiniert werden die Vormundschaften von der Arbeitsgruppe Amtsvormundschaften, Ansprechpartnerin ist Constanze Rose (constanze.rose@rathaus.potsdam.de). Wer sich vorab zu dem Thema informieren will, kann auch am heutigen Dienstag zu einer Informationsveranstaltung im Rechenzentrum gehen. Die neu gegründete Potsdamer Initiative „Patenschaften für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge“ will dort Fragen von Interessierten beantworten und gleichzeitig über verwandte Formen des ehrenamtlichen Engagements informieren – zum Beispiel über eine Patenschaft. Beginn ist um 19 Uhr.
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