
© A. Klaer
Roma-Familie aus Potsdam: Vules Familie darf bleiben
Der Minister hat seine Entscheidung revidiert und der Roma-Familie Brkic eine Aufenthaltsgenehmigung erteilt. In Potsdam-West wurde spontan gefeiert
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Potsdam-West - Die E-Mail aus dem Brandenburger Innenministerium kam ohne Ankündigung, nicht einmal die Betroffenen waren eingeweiht. „Serbische Familie erhält Aufenthaltsgenehmigung“ stand im Betreff – ein Satz wie ein Befreiungsschlag. Monatelang hatten Unterstützer aus Potsdam-West und der lokalen Breakdance-Szene dafür gekämpft, dass die Roma-Familie Brkic, die sie so ins Herz geschlossen haben, bleiben darf. Am Mittwoch nun, acht Tage vor dem Ablauf der letzten Duldung, gab Innenminister Karl-Heinz Schröter (SPD) bekannt, dass die Brkics ein zweijähriges Aufenthaltsrecht bekommen – und er seine frühere Entscheidung zurücknimmt.
Denn noch im März hatte Schröter sich für eine Abschiebung der Familie ausgesprochen, obwohl die Härtefallkommission des Landes für ein Bleiberecht votiert hatte – die Flüchtlingsberatungsstelle des Diakonischen Werks Potsdam hatte den Fall dort eingebracht. Dass der Minister das Votum der Kommission überging, hatte damals für heftige Kritik gesorgt. Die Unterstützer der Familie – allen voran das Stadtteilnetzwerk Potsdam-West und die Trainer einer interkulturellen Breakdance-Gruppe, in der Sohn Vukain tanzt – verfassten daraufhin einen öffentlichen Brief, in dem sie den Minister zum Umdenken aufforderten. Das ist nun offenbar geschehen.
Erst vor einigen Tagen hatten die Familie und ihre Unterstützer einen Rückschlag im Kampf um das Bleiberecht erlitten. Bei der Ausländerbehörde der Stadt hatten sie einen Antrag gestellt, auf die Abschiebung zu verzichten. Doch dies hatte die Behörde nicht vor: In einem Schreiben, das die Familie am Freitag erreichte, hieß es, die Brkics seien nicht ausreichend integriert und verwurzelt in der Stadt. Dass der Vater einen Vollzeitjob hat, die Familie in der Nachbarschaft bestens vernetzt und Vukain, genannt Vule, eine Art Star der örtlichen Breakdance-Gruppe ist, interessierte offenbar nicht. Doch nun wurde der Stadt die Entscheidung ohnehin abgenommen. Am Mittwoch erreichte die Verwaltung eine Anordnung aus dem Innenministerium mit der Aufforderung, der Familie eine Aufenthaltserlaubnis für zwei Jahre zu erteilen. Gebunden ist diese Erlaubnis an einige Bedingungen, zum Beispiel müssen die Brkics allein für ihren Lebensunterhalt aufkommen und Deutschkenntnisse nachweisen.
„Diese Familie soll in Deutschland eine faire Chance erhalten, sich ein neues und besseres Leben aufzubauen“, teilte Schröter zur Begründung seiner Entscheidung mit. „Mein Eindruck ist, wir haben es mit ehrlichen Leuten zu tun, die sich nachweisbar bemühen, sich in Deutschland durch eigene Anstrengung und Arbeit möglichst schnell gut zu integrieren. Dabei haben sie bereits viel erreicht, an Integrationsbereitschaft mangelt es hier nicht.“ Das wolle er mit seiner Entscheidung würdigen und anerkennen. Er betonte aber zugleich, dass es sich um eine „strikte Einzelfallentscheidung“ handele. Warum der Minister gerade jetzt seine Entscheidung bekannt gab, darüber lässt sich nur spekulieren. Womöglich wollte er sich unangenehme Fragen der Härtefallkommission ersparen, die er nach PNN-Informationen am heutigen Donnerstag besucht.
Bei den Unterstützern war die Freude am Mittwoch groß. Spontan organisierten sie ein kleines Fest auf der „Platte“, einem Platz neben der Zeppelin-Grundschule. Vater Zoran erzählte, er sei gerade auf der Baustelle gewesen, als er von der Entscheidung erfuhr. Vor Glück seien ihm die Tränen gekommen, seine Kollegen hätten sich schon kurz Sorgen gemacht. „Ich habe immer geglaubt, dass es klappen kann. Ivana nicht“, sagte er und nahm seine Frau in den Arm. „Ohne die Hilfe unserer Nachbarn und der Breakdance-Leute hätten wir das nie geschafft. Ich bin dankbar für all die Unterstützung.“
Auch Daniel Zeller vom Stadtteilnetzwerk Potsdam-West ist froh. Er hatte am Samstag eine Online-Petition für die Familie gestartet, die bereits mehr als 12 000 Menschen unterzeichneten. Aber Zeller findet es immer noch bedenklich, dass der Minister „die Fachkunde der Härtefallkommission offensichtlich so gering schätzt“, dass er das Votum zunächst übergangen habe. Auch in anderen Fällen sei er der Empfehlung nicht gefolgt; eine Roma-Familie aus Forst, die nach Meinung der Kommission ebenfalls Bleiberecht verdient hätte, sei bereits abgeschoben worden. „Ohne das Engagement der Leute hier vor Ort hätten auch die Brkics keine Chance gehabt.“
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