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Von Peer Straube: Waidmänner streiten um die Reviere

Jagdgenossenschaft Potsdam-Nord erhebt schwere Vorwürfe gegen den Stadtjäger

Von Peer Straube

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Potsdams Jagdreviere sind zum Zankapfel der hiesigen Waidmänner geworden. Nach der jüngsten Wildschwein-Plage in Potsdam-West ist ein Streit um die Zuständigkeiten entbrannt.

Dabei fährt die Jagdgenossenschaft Potsdam-Nord schwere Geschütze gegen den ehrenamtlich tätigen Stadtjäger Herbert Lübke auf. Dieser hatte, wie berichtet, erklärt, die Verwaltung habe das Stadtgebiet zum Jagdbezirk erklärt, ihm und seinen zwei Helfern somit die Zuständigkeit für die „Gefahrenabwehr durch Wild“ entzogen und durch Verpachtung in die Hände der Jagdgenossenschaft gelegt. Die weist Lübkes Schilderung zurück und bläst nun ihrerseits zum Halali gegen den Stadtjäger.

Lübke habe jahrelang seine Befugnisse überschritten, sagte Matthias Sonnenberg von der Jagdgenossenschaft Potsdam-Nord den PNN. Stadtjäger seien per Gesetz ausschließlich für sogenannte befriedete Stadtflächen zuständig. Dazu zählten etwa Hausgärten, öffentliche Plätze, Sportanlagen, Friedhöfe, Autobahnen und Eisenbahnanlagen. Die Bejagung aller unbefriedeten Flächen, beispielsweise Straßen und kleine Wald- oder Niederungsgebiete wie am Lindenpark oder die Nuthewiesen, liege dagegen in der Verantwortung der Genossenschaft. An diese Regelung habe sich Lübke nicht gehalten. Die Obere Jagdbehörde des Landes habe diesen Zustand schon lange bemängelt und Ende Februar ein Machtwort gesprochen. „Seitdem streikt Herr Lübke“, sagte Sonnenberg.

Der Konflikt hat bereits erste Auswirkungen. Wie berichtet, hatte sich der Potsdam-West-Anwohner Eduard Paul Eylert in der vergangenen Woche über eine Schweinerotte beschwert, die seit April das Areal rund um die Straße Im Bogen unsicher macht. Der Bereich sei befriedet, liege also in der Zuständigkeit Lübkes, so Sonnenberg. Da dieser aber untätig bleibe, sei die Jagdgenossenschaft aktiv geworden. Der Gebrauch der Schusswaffe sei für ihn „das letzte Mittel“, sagte Sonnenberg, der zugleich der Darstellung Eylerts widerspricht, ihm sei geraten worden, Gift auszulegen. „Das ist laut Bundesjagdgesetz verboten und ein Straftatbestand.“ Zur Abschreckung würden lediglich „Wildvergrämungsmittel“ eingesetzt. Das sind Duftstoffe, die die Schwarzkittel vertreiben sollen.

Eine Lösung für den Streit scheint nicht in Sicht. Man habe immer wieder erfolglos versucht, mit Lübke zu reden, erklärte Sonnenberg. „Der will aber die ganze Stadt bejagen.“ Die Genossenschaft appelliert nun an die Stadt, die Situation zu entschärfen. Sie müsse dafür sorgen, dass Lübke und seine Helfer die Arbeit wieder aufnehmen oder einen anderen Stadtjäger einsetzen.

Theoretisch könne die Jagdgenossenschaft Potsdam-Nord zwar auch die Funktion übernehmen, „aber dafür fehlt uns das Personal“. Die sechs Waidmänner bejagen neben den unbefriedeten Teilen des alten Stadtgebiets noch Bornim, Eiche und Nedlitz, insgesamt 1350 Hektar. In den neuen Ortsteilen gibt es weitere sechs Jagdgenossenschaften: Golm, Grube, Uetz, Satzkorn, Fahrland und Groß Glienicke. Ein wirkliches Wildschwein-Problem gibt es aus städtischer und aus Sicht der Jäger in Potsdam nicht.

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