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Landeshauptstadt: Waldschloss vor Stromsperre

Hausbesitzer gab offenbar Geld seiner Mieter nicht an Stadtwerke weiter

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Babelsberg - Weil der zuständige Hauswart der Adresse Stahnsdorfer Straße 100 zur Zeit nicht in Potsdam weilt, hat André Möller als Betreiber des dort ansässigen Waldschlosses noch Strom. Denn der Hausmeister hat den Schlüssel zum Heizungskeller, in den vor zwei Tagen ein Mitarbeiter der Energie und Wasser Potsdam GmbH (EWP) steigen wollte, um den Strom für die komplette Hausanlage abzuklemmen. Neben Möller und seinem Club wohnen dort neun Familien und haben zwei Gewerbetreibende ihre Büros. „Seit einem Jahr gibt es finanzielle Außenstände“, sagte gestern EWP-Sprecher Stefan Klotz. Wegen der Schulden will der Energieversorger neben dem Strom auch die Gaslieferung für das Haus kappen. Es soll sich um eine Summe von bis zu 20 000 Euro handeln – eine Zahl, die Klotz gestern auf Anfrage nicht dementierte. Ab Montag soll gehandelt werden: „Dann wird das Erdgas gesperrt.“

Allerdings trifft die Anlieger in der Stahnsdorfer Straße 100 nach ihrer Wahrnehmung keine Schuld. „Wir haben die Kosten für die Energie immer an unseren Vermieter gezahlt, der offenbar diese Gelder nicht an die Stadtwerke weitergegeben hat“, sagte Waldschloss-Betreiber Möller gestern. Andere Bewohner des Hauses bestätigen dies. Einer der Gründe für diese Praxis ist, dass das Haus nur einen Zähler für Strom und Energie besitzt. Die Mieter sagen, sie seien alle bereit sich einen Zähler auf eigene Kosten einbauen zu lassen – um so zumindest in Zukunft das Energiegeld direkt an die EWP ohne den Zwischenweg Vermieter zu zahlen. Der kommunale Energieversorger scheint jedoch zuerst das gesamte ausstehende Geld zu wollen. „Ein Aufschub der Sperre von Strom und Gas ist nur möglich, wenn alle unsere Forderungen beglichen sind“, so EWP-Sprecher Klotz.

Doch der Vermieter, der als Kundennummer bei der EWP geführt wird, sitzt in Wien. Allerdings war Günter Hrazdjira, der dort ein Tonstudio betreibt, in den vergangenen beiden Tagen telefonisch nicht zu erreichen. Schon nächste Woche soll er laut EWP-Sprecher Klotz einen weiteren Brief erhalten: Darin solle ihm eine Frist gesetzt werden, innerhalb er die Sperrung des Stroms ermöglichen muss. Sprich: Die Tür des Heizungskellers soll geöffnet werden, sonst lassen die Stadtwerke sie öffnen. „Angenehm sind solche Zwangssperren auch für uns nicht“, sagte gestern Stefan Klotz.

Auch Mieter und Kneipier André Möller würde ein Leben ohne Strom wohl kaum gutheißen: „Ohne Gas ist zumindest für uns der Weiterbetrieb möglich, da es zur Zeit noch recht warm ist – doch ohne Strom ginge es einfach nicht.“ Wie alle im Haus spekuliert Möller über die Gründe, warum der Wiener Vermieter nichts mehr an die EWP zahlt: Gibt es Altlasten aus Lindenpark-Zeiten, dem das Waldschloss früher gehörte, die der neue Besitzer nun von seinen Mietern holen will? Ist er pleite? Oder haben einzelne Mieter allen Versicherungen zum Trotz doch nicht gezahlt? „Uns gegenüber wurde die Situation des Standorts nie offengelegt“, so Möller. Er hofft, dass es noch einen Ausweg aus der Situation gibt, der ohne den fehlenden Schlüssel des Hauswarts funktioniert. Optimistisch klingt er dennoch nicht: „Das Geld, das wir schon an den Vermieter gezahlt haben, ist wohl futsch.“

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