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Kein einziger Tropfen: Meteorologe Ralf Schmidt, Leiter der Potsdamer Säkularstation, ermittelt die Niederschlagsmenge des gestrigen Tages. Die Station auf dem Telegrafenberg setzt die längste ununterbrochene Messdatenreihe der Welt fort.

© Andreas Klaer

DER CO2-GEHALT DER LUFT STEIGT WEITER AN: Wärmster April seit 1893

Meteorologen vermelden Rekordwerte / Gärtner, Landwirte und Förster wegen Trockenheit besorgt

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Immer häufiger treten Wetterextreme auf, es wird wärmer. Ursache hierfür ist laut Friedrich-Wilhelm Gerstengarbe vom Potsdam Institut für Klimafolgenforschung (PIK) die Erderwärmung im Zuge des zusätzlichen Treibhaus-Effekts.

Zusätzlich aufgrund der durch den Menschen in die Atmosphäre eingebrachten Kohlendioxids. Er werde nicht müde, bei der Politik „gebetsmühlenartig“ für eine radikale Verringerung des CO2-Ausstoßes zu werben. Doch der CO2-Gehalt der Luft nehme sogar weiter zu, jährlich um drei Partikel pro eine Millionen Moleküle Luft (ppm). Von 1900 bis 2009 sei der CO2-Gehalt von 280 ppm auf 385 ppm gestiegen. Prof. Dr. Gerstengarbe: Das Ergebnis ist eine Klimaerwärmung, wie es sie seit einigen tausend Jahren nicht mehr gab. gb

Die Meteorologen vermelden einen April der Superlative: Es ist zu warm, zu sonnig, zu trocken. Für Landwirte, Gärtner und Förster bringt das Ausbleiben des Regens große Probleme. Für Friedrich-Wilhelm Gerstengarbe vom Potsdam Institut für Klimafolgenforschung ist der April 2009 „ein Puzzleteil“ das beweist: „Wir sind mittendrin in der Klimaerwärmung.“

Der wärmste April seit 1893, dem Beginn der Aufzeichnungen der weltweit bedeutsamsten Klimamessstation, der Säkularstation auf dem Potsdamer Telegrafenberg, war der im Jahr 2007 mit einem Monatsmittel von 12,0 Grad Celsius. Bereits gestern war der Rekord gebrochen, 12,6 Grad Celsius betrug zu diesem Zeitpunkt die mittlere monatliche Tagestemperatur. Wie Säkularstationsleiter Ralf Schmidt den PNN sagte, werden bis Monatsende wohl 13 Grad Celsius erreicht. Gleichzeitig wird der April 2009 auch als der sonnigste seit 116 Jahren in die Annalen eingehen: Bis gestern Abend konnten in Potsdam 262,5 Sonnenstunden registriert werden. Der Rekord von 1953 liegt Schmidt zufolge bei 275,5 Stunden – „aber die 13 Stunden schaffen wir auch noch“.

Aufgrund des Beginns der Vegetationsperiode ist die Niederschlagsmenge von besonderer Bedeutung; auch hier deutet sich ein Extremwert an: Mit nur 2,1 Liter pro Quadratmeter wird dieser Monat wohl der dritttrockenste seit Aufzeichnungsbeginn 1893. Nur 2007 war der April mit 0,3 Liter noch trockener, gefolgt vom April 1893 mit 1,0 Liter. Überhaupt hat es im Frühjahr dieses Jahres in Potsdam viel zu wenig geregnet. Meteorologe Schmidt zufolge wären 164 Liter pro Quadratmeter in den ersten vier Monaten normal, „aber wir hatten nur 104,9 Liter“. Am bisherigen Durchschnittswert fehlen dem Potsdamer Frühjahr 2009 knapp 60 Liter Regen pro Quadratmeter.

Die extreme Trockenheit stellt die Potsdamer Welterbe-Gärten vor große Probleme. Die Neupflanzungen im Frühjahr, Blumenbeete und Gehölze, müssen intensiv bewässert werden, „um sie überhaupt zu retten“, erklärte Sven Kerschek, in der Schlösserstiftung verantwortlich für den Neuen Garten. Das sei sehr personalaufwändig, die Gärtner seien fast ausschließlich mit dem Bewässern beschäftigt. Andere Arbeiten – Wegpflege, Beseitigung von Winterschäden – blieben liegen. Froh ist Kerschek, dass die Stiftung Havelwasser über die Pumpstationen in der Meierei und der Moschee erhält und somit keine zusätzlichen Wasserkosten entrichten muss. Allerdings ist es Kerschek zufolge zu aufwändig, auch die im Frühjahr sonst grün-saftigen Wiesen zu bewässern. Es sei zu befürchten, dass die Gräser wie im Jahr 2007 „ohne zu blühen in die Vergreisung übergehen“.

Ohne Wasser kommt „die Triebleistung nicht zustande“ weiß auch Manfred Kleinert, Inhaber des Obstgutes Marquardt. Daher sei für die Obstbäume schon seit Wochen die Tröpfchenberegnungsanlage in Betrieb und wo keine vorhanden ist, werde Wasser angefahren. Dabei seien Obstbäume als Tiefwurzler noch nicht einmal so stark betroffen wie etwa flachwurzelnde Getreidekulturen.

In der Forstwirtschaft gilt seit dem 15. April die Waldbrandwarnstufe IV, informiert Potsdams Oberförster Hubertus Krüger. Seit Ostern herrsche ein starker Ostwind, der die Wälder austrockne. Da das grüne Junggras noch sehr spärlich wachse, bestehe sehr hohe Brandgefahr. Jeder Umgang mit Feuer auch nur in einer Entfernung von 50 Metern von Wald sei verboten, mahnt der Oberförster. Überwacht werde der Potsdamer Wald durch High-tech-Kameras, die den Wald 360 Grad rundum aufnehmen und das Real-Bild mit einem Standard-Bild vergleicht. Bei Abweichungen klärt eine automatische Spektralanalyse, ob Rauch oder Staub Ursache der Bildveränderung ist, gebenenfalls wird Alarm gegeben. Um die Brandgefahr zu verringern sind mindestens zehn Liter Regen pro Quadratmeter nötig, so Oberförster Krüger: „Guter anhaltender Landregen.“

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