Landeshauptstadt: Warnstreik in Orange
Verwaltung und Step demonstrierten für acht Prozent mehr Lohn / Ver.di zählte 800 Streikende in Potsdam
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Innenstadt – Bereits im Morgengrauen fuhren zirka dreißig Fahrzeuge der Stadtentsorgung Potsdam (Step) gestern in die Hegelallee und bildeten einen Korso vom Nauener bis zum Jägertor. Damit wollten die Männer und Frauen in Orange der Forderung der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di nach acht Prozent mehr Lohn Nachdruck verleihen.
Etwa 250 Mitarbeiter der Verwaltung und der Step hatten sich, angefeuert von der Trommlerformation Sexta Feira, dazu vor dem Eingang zur Verwaltung versammelt, um ihrem zweistündigen Warnstreik Ausdruck zu geben. Nach Angaben von ver.di beteiligten sich in Potsdam gestern früh rund 800 Angestellte.
Susanne Stumpenhusen, ver.di-Landesbezirksleiterin Berlin-Brandenburg, bezeichnete das Angebot der Arbeitgeber auf fünf Prozent mehr Lohn und Gehalt im Verlaufe von 24 Monaten als indiskutabel. Auf den Monat berechnet, seien das nur 1,5 Prozent mehr, rechnete sie aus. Als weitere Forderungen der Gewerkschaft nannte sie: Angleichung der Arbeitszeiten und der Entlohnung in Ost und West sowie die „dringend notwendige Übernahme von Auszubildenden in den öffentlichen Dienst“.
Cornelia Pilz, Personal- und Betriebsratsvorsitzende der Potsdamer Stadtverwaltung, erwähnt den Abbau der Arbeitsplätze von einst 4000 auf derzeit 2000. „Aber die Arbeit ist die gleiche geblieben“, beklagte sie und verwies darüber hinaus auf die gestiegenen Lebenshaltungskosten. „Zurück zum KAV“ , so der Schriftzug auf dem Transparent eines Step-Mitarbeiters. KAV steht für „Kommunaler Arbeitgeberverband“. Durch den Austritt versuchten die Arbeitgeber, sich ihren tariflichen Verpflichtungen zu entziehen, kritisierte Manfred Loos, ver.di-Aktionsleiter vor Ort. Es sei eine gute Tradition, bei derartigen Demonstrationen auch den Arbeitgeber zu Worte kommen zu lassen. „Wir sind ja nicht so“, sagte Loos und begrüßte Bürgermeister Burkhard Exner (SPD), da sich Oberbürgermeister Jann Jakobs „in den Urlaub abgesetzt“ habe.
Exner schlug moderate Töne an. Er sei ver.die-Mitglied, aber gleichzeitig Vertreter der Arbeitgeber. „Es wird Lohn- und Gehaltserhöhungen geben“, verkündete er. Eine achtprozentige Erhöhung bedeute jedoch für die Stadt eine Mehrbelastung des Haushaltes um 6,7 Millionen Euro. „Angesichts dieser Summe muss man fragen, ob es passt.“ Exner appellierte an die Mitarbeiter, „nicht den allerhärtesten Kurs anzuwenden“.
Der Bürgermeister verwies darauf, dass es für die unteren und mittleren Einkommensgruppen in diesem Jahr bereits eine hundertprozentige Angleichung an das West-Niveau gegeben habe, was praktisch einer Lohnerhöhung von drei Prozent entspreche. Die ver.di-Forderung nach acht Prozent plus 200 Euro bedeuten nochmals neun Prozent. Daher seien nach den Verhandlungen „andere Abschlüsse als die gegenwärtigen Forderungen“ angezeigt. Es dürfe nicht dazu kommen, dass die Bürgerinnen und Bürger darunter leiden, „denn für diese sind wir da“.
Exner erntete für seine sachlichen Worte kaum nennenswerte Gegenreaktionen. Alle Beteiligten setzen offenbar auf Verhandlungen in der nächsten Woche, welche die machbaren Lösungen ausloten. „Wenn sich die Arbeitgeber stur stellen, müssen sie sich warm anziehen, denn wir können auch anders“, rief Verwaltungs-Betriebsrätin „Conni“ Pilz am Schluss der Kundgebung aus.
Günter Schenke
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