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BTU Cottbus: Warten auf Stunde Null
Eine syrische Studentin an der BTU Cottbus will Welterbestätten in ihrer Heimat retten, die während des Bürgerkriegs beschädigt wurden.
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Cottbus - Nour Abukather findet keine Worte dafür, was sie empfindet. In ihrem Heimatland Syrien wurden im Bürgerkrieg in den vergangenen Jahren immer wieder Welterbestätten beschädigt, Tempel und Statuen sogar zerstört. Und es soll illegalen Handel mit antiken Kulturgütern geben. „Ich konnte es nicht glauben, ich fühlte nur Traurigkeit“, sagt die 25 Jahre alte Studentin, die aus der Stadt Homs stammt. Abukather will helfen, diese Kulturstätten zu retten.
Auch deshalb ist sie für ein Studium nach Cottbus gekommen. Bei dem Masterstudiengang „World Heritage Studies“ (Weltkulturerbe-Studien) an der Brandenburgischen Technischen Universität Cottbus-Senftenberg (BTU) geht es um die Präsentation, die Verwaltung und den Schutz von Welterbestätten. Der englischsprachige Studiengang ist nach Uni-Angaben in dieser Form einzigartig. Das bestätigt auch die Deutsche Unesco-Kommission.
Zerstörte und geplünderte Welterbestätten in Syrien sind an der Uni derzeit ein großes Thema. „Wir starten demnächst ein Projekt, das sich darauf konzentriert, auf die Stunde Null hinzudenken, wenn der Bürgerkrieg zu Ende ist“, sagt die Professorin Britta Rudolff.
Erarbeitet werde ein Plan für eine mögliche Rekonstruktion der Stätten. Es gehe aber auch um die Frage, ob es Alternativen zu einer Rekonstruktion gibt. Die Wissenschaftler arbeiten dabei nach eigenen Angaben mit dem Deutschen Archäologischen Institut zusammen.
Den Studiengang gibt es seit 1999 in Cottbus. Die Uni hat damit eine kleine Nische gefunden, die Studenten aus aller Welt anzieht. Jährlich gebe es Hunderte Bewerbungen, sagt Rudolffs Kollege Professor Michael Schmidt. Die Zahl steige. Doch der Seminarcharakter soll erhalten bleiben, deshalb bleibe die Zahl der Zulassungen künftig unter 50.
Die Wissenschaftler arbeiten mit der Unesco zusammen. Der Deutschen Unesco-Kommission zufolge gibt es einen kontinuierlichen Austausch zu fachlichen Fragen, sodass Wissenschaft und Praxis verbunden werden. Die Wissenschaftler der Uni beraten auch Länder, wenn sie sich um die Aufnahme in die Welterbeliste bewerben wollen. Erst kürzlich gab es Studenten- und Expertenworkshops in Weißrussland, wie Schmidt sagt.
Er sieht zum Beispiel Chancen für das Land für eine mögliche Unesco-Bewerbung beim Thema sozialistischer Wohnungsbau nach dem Zweiten Weltkrieg. „Weil das tatsächlich noch eine Lücke auf der Welterbeliste ist und dadurch Aussicht auf Erfolg hat“, sagt der Wissenschaftler für Umweltplanung. Der Trend gehe zudem hin zu transnationalem Erbe.
Nour Abukather schreibt gerade an ihrer Masterarbeit. Thema: Die Zukunft des syrischen Erbes. Die 25-Jährige kann sich vorstellen, in Syrien mit der Verwaltung und Kirchen zusammenzuarbeiten, um die Kulturgüter ihrer Heimat zu retten. „Ich hoffe, dass ich helfen kann“, sagt sie.
Anna Ringle
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