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Landeshauptstadt: Warum nur am Wochenende freundlich? Der Itamba e.V. finanziert Schulbesuche in Tansania

Der Anfang dieser schönen Geschichte ist eine tragische Geschichte. Eine junge Frau, die zuvor am Gymnasium in Hermannswerder ihr Abitur gemacht hatte, kam in Tansania bei einem Verkehrsunfall ums Leben.

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Der Anfang dieser schönen Geschichte ist eine tragische Geschichte. Eine junge Frau, die zuvor am Gymnasium in Hermannswerder ihr Abitur gemacht hatte, kam in Tansania bei einem Verkehrsunfall ums Leben. Sie war 1994 in dem afrikanischen Land, um im Schuldorf Itamba im Bergland der Uwanji ein Auslandsjahr zu verleben, erinnert sich Sybille Möller. Zweimal reiste sie selbst in diesem Jahr nach Tansania. Das erste Mal, um eine Freundin der Verstorbenen zu trösten, das zweite Mal, um der Itamba-Schule eine kleine vierstellige Summe an D-Mark-Noten zu bringen, die die Eltern der Verunglückten spendeten und die Freunde bei einem Benefizkonzert erspielten.

„Das war das Startkapital“, so die heute 38-Jährige, „aber was damit tun?“ Es war der damalige stellvertretende Leiter der Schule in Itamba, der die Idee eines Schülerstipendiums hatte. Schön, wenn man länger etwas davon hat, meinte Lazaro Mtaturu. Da stand er noch unter dem Eindruck eine gespendeten Solaranlage, die schnell kaputt ging. Etwas Nachhaltiges sollte es sein. So ermöglichte das Spendengeld zwei tansanischen Schülern eine vierjährige Ausbildung an der kirchlichen Internatsschule. Sybille Möller erinnert sich noch an ihre Namen, ein Junge, ein Mädchen: Leo und Faida.

Die Satzung, die heute noch gilt, wurde in jenem Sommer 1994 in Itamba geschrieben. Die Gründung des Vereins Itamba e.V. erfolgte im Jahr darauf in Potsdam. Fortan sollten die Spendengelder dazu dienen, bis zu 50 Schülern gleichzeitig den Schulbesuch und jährlich drei Absolventen der Schule eine Berufs- der Universitätsausbildung zu ermöglichen.

Sybille Möller erinnert sich, wie der tansanische Schulleiter bei seinem Potsdam-Besuch aus dem Staunen nicht mehr herauskam. Die Potsdamer Initiatoren des Vereins wohnten in einem besetzten Haus ohne Heizung. Der Gast fror erbärmlich und meinte, „in Afrika ist es viel schöner als bei euch“. Die heutige Musik- und Lateinlehrerin am Gymnasium auf Hermannswerder: „Er hat gesehen, die haben auch nichts, aber bewirken etwas.“ Das habe gegenseitigen Respekt geschaffen, der sich bis dato positiv auswirkt.

Sie selbst, sagt Sybille Möller, habe viel gelernt durch ihre tansanischen Freunde. Allein der Schulleiter 1995 in Potsdam! Sybille Möller ist noch heute erstaunt, wie dieser Afrikaner das ihr zuvor als festgezurrt vorgekommene Wertesystem relativierte: „Die Spielregeln sind für mich jetzt nicht mehr so allgemeingültig, eher freiwillig.“ Die Deutschen, stellte der tansanische Gast fest, „sind nur am Wochenende freundlich“, aber ansonsten „permanent gestresst“. Völlig perplex war der Mann, als er die Leute sich in der S-Bahn nach Berlin schweigend gegenüber sitzend sah. „Die fahren alle zur Beerdigung“, dachte er, in einem Bus in Tansania würden die Leute sich etwas erzählen, wie die Ernte wird, was die Verwandten machen und dergleichen. Sybille Möllers Lehre aus dieser Begegnung: „Manche Klarheiten und Wahrheiten kann man mal hinterfragen.“

Mittlerweile ist Itamba e.V. „ein ziemlich großes Ding“ geworden, sagt die Vereinsvorsitzende Susann Küster. Die Unterstützer kommen aus ganz Deutschland. 10 000 Euro können pro Jahr nach Itamba überwiesen werden. Viele der Absolventen seien die einzigen Ernährer ihrer Familien – und gehörten mittlerweile selbst zu den Itamba-Unterstützern. Guido Berg

www.itamba.de

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