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Landeshauptstadt: „Was hast du getan?“

Die Nacht, in der David F. starb: Der 20-Jährige Potsdamer soll laut Ermittlern die Schlägerei mit provoziert haben / Zeugen kritisieren Polizeieinsatz

Stand:

Innenstadt – Mehrere Jugendliche beugen sich über den am Boden liegenden David F. Sie wollen verzweifelt seine blutende Brustwunde mit Toilettenpapier stillen. Wenige Minuten später kommt der Notarzt. Doch dessen Wiederbelebungsversuche bleiben erfolglos.

So erlebten mehrere Zeugen die Schlägerei am Sonnabend kurz nach zwei Uhr in der Charlottenstraße, in deren Folge der 20-jährige Potsdamer von einem vermutlich 18-Jährigen erstochen wurde. Vorausgegangen war der Messerstecherei ein heftiger Streit im Obergeschoss des „Quartiers“, einem bekannten Tanzlokal in der Innenstadt. In der so genannten Wasserpfeifen-Etage hatte sich eine Schlägerei unter mehr als 20 teils volltrunkenen deutschen und ausländischen Jugendlichen aus Potsdam und Berlin entwickelt. Laut der Polizei soll sie von dem späteren Opfer „ohne erkennbaren Grund“ angezettelt worden sein. Rund 80 weitere Gäste waren zu diesem Zeitpunkt in dem Multikulti-Club. Ein zerrissenes T-Shirt soll Auslöser für den Streit zwischen den zwei Jugendgruppen gewesen sein, sagte eine Zeugin den PNN.

Die Gruppe der Ausländer – vor allem türkischstämmige Jugendliche – soll sich öfter im „Quartier“ aufhalten, das seit März von dem Berliner Deutsch-Türken Fatih Özbay betrieben wird, erzählte eine Barfrau. Die an der Prügelei beteiligte Gruppe Deutscher soll nach Beobachtung einiger Gäste bereits mit „sehr ausgelassener Stimmung“ das Lokal betreten haben. Als dann der Streit zunehmend eskalierte, habe „Quartier“-Chef Özbay mit einigen Mitarbeitern zunächst rund 15 Ausländer aus dem Lokal geworfen. Zeitgleich soll er die Polizei verständigt, so ein Gast. Der junge Mann hält sich oft im „Quartier“ auf und kennt den Betreiber. Deswegen habe er den Streit schlichten helfen wollen. „Als ich nach dem Rauswurf das Eingangsgitter zur Straße schließen wollte, stürmten plötzlich sechs bis sieben Deutsche an mir vorbei auf die Ausländer zu“, erinnert er sich. Die Herausgeworfenen sollen zuvor von der Straße aus ihre Kontrahenten mit Sprüchen wie „Ich fick deine Mutter“ beleidigt haben. Daraufhin sollen Rufe wie„Scheiß Türke“ gefallen sein. An der anschließenden Massenschlägerei auf der Straße habe sich auch David F. beteiligt. „Alle beiden Gruppen waren wahnsinnig aggressiv drauf“, so ein weiterer Zeuge der Nacht. Laut Ermittlern sollen mehrere der Schläger der Polizei bereits als „Prügelknaben“ bekannt sein.

Über die Minute vor dem tödlichen Messerstich gibt es weitgehend ähnliche Zeugenaussagen. Zwei Mädchen, die am Tatort waren, beschreiben David F. als besonders aggressiv. Er sei immer wieder aufgestanden, obwohl er mit Faustschlägen zu Boden geprügelt wurde. Plötzlich habe einer ein Messer gezogen – ob er zugestochen habe oder das Opfer in die Klinge gerannt sein könnte, sei nicht direkt erkennbar gewesen.

Ein türkischstämmiger Kumpel des inzwischen festgenommenen mutmaßlichen Täters behauptet dagegen, mehrere Leute hätten David F. zu beruhigen versucht. Dann habe der 18-jährige Jugendlicher afghanischer Abstammung plötzlich ein Messer gezogen und zugestochen. „Ich habe mich umgedreht und geschrieen: “Was hast du getan?!““ Daraufhin habe sich der Afghane seinen Autoschlüssel genommen und sei weggerannt. Nach Aussagen von anderen Gästen des „Quartiers“, die den Flüchtenden kannten, sei er noch am Sonnabend nach der Tat ganz normal auf Arbeit erschienen. „Der hat noch nicht richtig realisiert, was er da überhaupt gemacht hat“, so einer seiner Bekannten.

Gleichzeitig gibt es Vorwürfe gegen die Polizei. Schon während der Schlägerei sei ein Polizeiwagen samt zwei Polizisten an der Ecke Friedrich-Ebert-Straße/ Charlottenstraße aufgetaucht, schilderten zwei Mädchen den PNN. Die Beamten hätten erst eingegriffen, als das spätere Opfer zusammengesunken sei. Auch ein anwesenden Pärchen hat dies so beobachtet. Die Polizei sei sehr schnell da gewesen, habe aber zunächst nicht viel unternommen, so der junge Mann. „Ich habe den Polizisten gesagt, dass da was Schlimmes passiert sein muss und auf die Wunde gezeigt, aber die wirkten hilflos und haben zuerst nur was von Erster Hilfe erzählt.“ (mit pet, erb)

Die Polizei bitte um Mithilfe. Hinweise nimmt sie unter Tel.: 0700 3333 0331, www.internetwache.brandenburg.de. oder an jeder Polizeidienststelle entgegen.

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