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Glücksfall. Paphiopedilum Leeanum wurde 1884 von einem Briten gezüchtet.

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SERIE: Was Pilze für Orchideen übrig haben Venusschuh-Hybride war nicht leicht zu züchten Pflanze des Monats

Im Botanischen Garten der Uni Potsdam wachsen exotische und heimische Pflanzen. In den PNN stellt Kustos Michael Burkart jeden Monat eine von ihnen vor.

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Im Botanischen Garten der Uni Potsdam wachsen exotische und heimische Pflanzen. In den PNN stellt Kustos Michael Burkart jeden Monat eine von ihnen vor.

Die Anzucht von Orchideen aus Samen ist nicht einfach. Dies liegt daran, dass die winzigen Samenkörnchen praktisch kein Nährgewebe enthalten. Für die Keimung sind sie auf eine externe Zufuhr von Nahrung angewiesen, die in der Natur von Pilzen kommt, mit denen die Pflanzen zumindest am Anfang ihres Lebens in Symbiose (gegenseitiger Abhängigkeit) wachsen. In gärtnerischer Kultur wird dieser Mechanismus heute normalerweise durch sterile Nährböden ersetzt, auf welchen die Samen ausgesät und die Jungpflänzchen herangezogen werden.

Diese Zusammenhänge waren im 19. Jahrhundert jedoch noch völlig unbekannt. Erfolge in der Samennachzucht von Orchideen wurden damals eher zufällig auf Substraten erzielt, die bereits zur Orchideenkultivierung verwendet worden waren, oder die Samen wurden sogar gleich im Topf der Mutterpflanze ausgestreut. Dort waren im Idealfall die nötigen Pilze vorhanden – oder eben nicht, und der Versuch schlug fehl. Diese Unwägbarkeiten hemmten die Erzeugung hybrider (also gekreuzter) Orchideensorten anfangs sehr stark. Grundsätzlich sind Kreuzungen zwischen sehr vielen Orchideenarten möglich. Sterile Anzucht auf Nährboden wurde erstmalig 1919 angewendet, und in der Folge nahm die Züchtung von Hybridsorten gewaltig zu. Praktisch das gesamte Sortiment der heute im allgemeinen Handel befindlichen Orchideen sind solche Züchtungen. Sie sind robust und viel einfacher zu kultivieren als die heiklen, nur von Spezialgärtnereien angebotenen Wildformen.

Der britische Orchideenzüchter Lawrence hatte mit einer Aussaat Glück. Die Samen entstammten einer Blüte des Gewöhnlichen Venusschuhs (Paphiopedilum insigne), die mit Pollen von Spicers Venusschuh (P. spicerianum; Pflanze des Monats vom 30.1.2013) bestäubt wurde. Unter dem Namen Paphiopedilum ‚Leeanum‘ wurde diese Hybride 1884 registriert. Dieselbe Kreuzung wurde später auch von zahlreichen anderen Züchtern vorgenommen und die resultierenden Pflanzen unter anderen – ungültigen – Namen herausgebracht, zum Beispiel ‚Albertianum‘, ‚Valerandi‘ und ‚Yvonnae‘.

Der deutsche Orchideenforscher Ernst Pfitzer (1846-1906), Direktor des Heidelberger Botanischen Gartens, war maßgeblich daran beteiligt, durchzusetzen, dass solche Hybriden ebenso wie Wildarten eindeutig benannt werden. Es gilt hier wie dort das Prioritätsprinzip: Der älteste regelkonform vergebene Name ist gültig, die späteren nicht. Die Royal Horticultural Society in England führt seit Langem die entsprechende Referenzliste, die heute auch online zugänglich ist.

Aktuell ist im Botanischen Garten der Uni Potsdam (Maulbeerallee 2) wieder die alljährliche Orchideenausstellung zu sehen (Donnerstag, 29. Januar, bis Sonntag, 1. Februar). Neben robusten Kreuzungen bieten die anwesenden Händler auch zahlreiche interessante Wildarten an. Keinesfalls sollten die Besucher einen Blick auf die Löwenschwanz-Agave im Kakteenhaus versäumen, die voraussichtlich im Februar zur Blüte kommen wird. Der Blütenstand ist bereits über vier Meter hoch! Michael Burkart

Empfehlenswert ist auch der Vortrag „Lebende Edelsteine: Mittagsblumen der Sukkulenten-Karoo, Südafrika“ von Ute Schmiedel (29.1., 17 Uhr). Die Referentin ist eine weltweit anerkannte Forscherin und exzellente Fotografin

Michael Burkart

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