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HEYES Woche: Was Potsdam wert ist

Könnten Städte privatisiert werden, dann müssten denkbare Interessenten für Potsdam mindestens eine Milliarde Euro auf den Tisch blättern. Würden jemals anonyme Käufer aus dem Heuschreckenschwarm der Investoren, auch Geier-Fonds genannt, eine Stadt wie Potsdam erwerben können, müssten sie etwa für die Freundschaftsinsel nur eine knappe Million Euro an die Stadtkasse überweisen.

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Könnten Städte privatisiert werden, dann müssten denkbare Interessenten für Potsdam mindestens eine Milliarde Euro auf den Tisch blättern. Würden jemals anonyme Käufer aus dem Heuschreckenschwarm der Investoren, auch Geier-Fonds genannt, eine Stadt wie Potsdam erwerben können, müssten sie etwa für die Freundschaftsinsel nur eine knappe Million Euro an die Stadtkasse überweisen. Klingt wie ein Schnäppchen... Natürlich würden die Finanziers ihren Neuerwerb möglichst schnell und mit ordentlichem Gewinnaufschlag wieder verkaufen. Heuschrecken kaufen und verkaufen, um Profit zu machen; andere Beweggründe gibt es da nicht.

Gut, dass Potsdam nicht zu kaufen ist. Die genannten Zahlen sind dennoch real. Sie wurden veröffentlicht vom Kämmerer der Stadt, die ihr Rechnungswesen umstellt und dafür eine Eröffnungsbilanz vorzulegen hat, vergleichbar mit der eines Unternehmens. Was immer die Vorteile dieser Umstellung sind, die in der Eröffnungsbilanz genannten Summen zeigen nur den Unterschied zwischen realem oder gefühltem Wert, den eine Stadt hat. Nicht die buchhalterische Seite ist es, die Menschen mit dem verbindet, was sie Heimat nennen und was das Klima in einer Stadt prägt. Und dabei geht es nicht um die Stunden, in denen die Sonne scheint, ob es regnet oder schneit. Wie viel Offenheit und Liberalität, wie viel Bereitschaft, Fremde willkommen zu heißen finden wir vor, auch ob Kultur als bloßer Kostenfaktor gilt oder als Ausdruck von Lebensqualität.

Der Erholungswert ist wichtig. Wie viel Grün, wie viel Wald und Wasser gibt es, auch davon lässt sich in Potsdam erzählen. Parks und Seen, für jedermann zugänglich, hoffentlich auch von jedermann pfleglich behandelt. Das sollte Gegenstand der Abwägung sein, wenn es um das Spannungsfeld von Wirtschaft und Umwelt geht. Potsdam wird gegen das „Verkehrsprojekt 17“, den Ausbau des Sacrow-Paretzer-Kanals klagen. Zu groß sind die Gefahren für die Uferlandschaft und die dahinter liegenden Zeugnisse des Weltkulturerbes. Und zugleich wehrt sich die Stadt gegen den Ausverkauf von Natur wie etwa des Fahrländer Sees, der als ehemaliges volkseigenes DDR-Eigentum im Auftrag des Bundes zum Verkauf angeboten wird. 250 Hektar Wasserfläche privatisieren, welch eine absurde Vorstellung. Der See sollte Volkseigentum bleiben.

Uwe-Karsten Heye schreibt an dieser Stelle regelmäßig für die PNN. Unser Autor war Redenschreiber bei Willy Brandt und Regierungssprecher von Bundeskanzler a.D. Gerhard Schröder. Heute lebt Heye mit seiner Familie in Babelsberg und arbeitet dort als Autor und Publizist.

Uwe-Karsten Heye

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