Landeshauptstadt: Wasserkarzer als Folter für KGB-Häftlinge
Gedenken an die Opfer in der Leistikowstraße 1
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Nauener Vorstadt - Eine fensterlose Zelle mit kaum einem Quadratmeter Grundfläche, zwei Meter hoch, verschlossen durch eine Stahltür mit Guckloch – das ist der Wasserkarzer im Keller des ehemaligen KGB-Gefängnisses in der Leistikowstraße 1. „Wer nicht mit dem KGB zusammenarbeiten wollte, wurde solange durch Wassergüsse gefoltert, bis er unterschrieb“, erklärt Richard Buchner. Der Zweite Vorsitzende des Vereins „Ehemaliges KGB-Gefängnis Potsdam“ hatte gesternVereinsmitglieder und Zeitzeugen zu einer Gedenkstunde vor Ort eingeladen: Am 13. August 1945 beschlagnahmten die Russen das Haus, am 15. August 1994 gaben sie es zurück.
Pfarrer Christian Albroscheit sprach Gebete für die hier oder in den russischen Lagern Umgekommenen und für die inzwischen Verstorbenen. Insgesamt 150 deutsche Häftlinge waren hier der Willkür des sowjetischen Geheimdienstes ausgesetzt, sagt Gisela Kurze vom Verein Memorial Deutschland. 65 ehemalige Häftlinge hätten ihre Inhaftierung durch Aussagen belegt; zu den historischen Akten, die in Moskau lagerten, gebe es keinen Zugang. Laut Buchner sei es eine Aufgabe der seit März bestehenden neuen Leitung der Gedenkstätte unter Ines Reich, weitere Belege über die Verbrechen zu beschaffen.
Der heute 81-jährige Peter Seele erzählt, dass ihn die Russen am 1. Oktober 1951 verhafteten und wegen „Spionage“ anklagten. Ein früherer Klassenkamerad hatte ihn denunziert. Vier Monate saß er in einer Zelle des KGB-Gefängnisses, ehe ihn ein Militärgericht, das in der Kapelle des benachbarten Augusta-Stiftes tagte, zum Tode verurteilte. „Sie werden nicht erschossen, Sie kommen nach Workuta“, erklärte ihm jedoch eine Dolmetscherin in der berüchtigten Moskauer Geheimdienstzentrale „Lubjanka“. Viele verurteilte Kameraden kamen aus Workuta nicht zurück, Seele hatte Glück; die Russen ließen ihn 1955 frei.
Die Potsdamer Gedenkstätte ist laut Buchner das einzige KGB-Gefängnis, das authentisch erhalten ist, obwohl es in jeder Stadt des sowjetischen Imperiums solche Verliese gab. Günter Schenke
Günter Schenke
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