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Sport: Wasserski in die Wiege gelegt

Trotz Trainingsrückstand will Julia Hüller vom WSC die deutschen Meisterschaften gewinnen

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Trotz Trainingsrückstand will Julia Hüller vom WSC die deutschen Meisterschaften gewinnen Der Regen hat nachgelassen, der See ist glatt – ein ideales Trainingswetter für Wasserskiläufer umgibt den Schwielowsee in Caputh. Julia Hüller, die amtierende deutsche Vize-Juniorenmeisterin in der Slalom-Disziplin, kommt den Weg zum Wasserskiclub Caputh Preussen (WSC) entlang gelaufen – Siebenachtel-Hose und Bikini-Oberteil: Es kann losgehen. Die 18-jährige ist noch im Trainingsrückstand, während die offenen Meisterschaften am letzten Juli-Wochenende und die U21-Meisterschaften Mitte August näher rücken. „Natürlich will ich gewinnen, sonst würde ich nicht hinfahren“, sagt die 18-Jährige, die sich gerade erfolgreich durch das 12. Schuljahr im Gymnasium Hermannswerder gelernt hat. „Das war richtig stressig. Da musste der Sport hinten an stehen.“ Letztes Schuljahr hatte sie dem Schwielowsee und dem Wasserski den Rücken gekehrt, stattdessen lernte sie in South Carolina (USA) für die Schule und fürs Leben. „Ich war völlig auf mich allein gestellt. Das war schwierig, aber die Menschen waren alle nett und es ist interessant, die Lebenswege anderer Menschen kennen zu lernen, auch wenn sie nicht mit den eigenen Idealen übereinstimmen“, erinnert sich Julia an ihren Auslandsaufenthalt. Obwohl sie auch in den USA einen See direkt vor der Haustür hatte, kam der Wassersport zu kurz. „Ich hätte ständig jemanden fragen müssen, der mir das Training ermöglicht – ich mag nicht betteln.“ Ganz anders in Caputh. Dort steht jederzeit ein Vereinsboot des WSC bereit, die Eltern und Schwester Josefine (28) haben ein Boot, wenn sich Julia über den See ziehen lassen möchte. „Hier kann ich mit Freunden rausfahren, wir quatschen, dann trainiert der eine, dann der andere, man gibt sich Tipps und abends geht es wieder zurück.“ Diesen Sommer motiviert das Wetter allerdings nicht zum Wasserski. Während die Kälte nur unangenehm ist, verhindern Regentropfen, die bei hohen Geschwindigkeiten ins Gesicht schlagen, ein sinnvolles Training. Auch diesmal ziehen sich die Wolken zusammen, der Wind steigt an und Julia zieht sich ein rotes Sweatshirt über. Zusammen mit Trainer Andreas Leonhardt wird über den See gesetzt, um am anderen Ufer den Wasserski unter zu schnallen. Während der Fahrt im halboffenen Boot setzt der Regen ein und alle suchen am Uferende Schutz vor dem Sturm – es donnert, es regnet. „Brrr, ich will Sonne“, sagt Julia und erzählt vom Wasserski, anstatt ihr Trainingsprogramm zu fahren. „Ich habe mein Talent in die Wiege gelegt bekommen, sonst hätte ich auch nicht bei den Berlin-Brandenburg-Meisterschaften den Titel geholt“, sagt die Schülerin, die sich Mitte Juni trotz Trainingslücken gegen die regionale Konkurrenz durchsetzte. Tatsächlich wurde sie in den Wasserskisport hineingeboren – Julias Eltern, Heiko und Gabi Hüller, haben sich als Jugendliche beim Wasserski kennen gelernt. Heute fahren beide erfolgreich für den WSC, Heiko Hüller ist der Vereinschef und Vizepräsident des Deutschen Wasserskiverbandes. „Es ist ein ganz besonderer Sport, bei dem ohne die Unterstützung der Eltern nichts geht“, sagt Julia. Zwar würde sie gern andere Sportarten perfektionieren, wie etwa Tennis oder Golf, „aber es braucht viel Zeit, sich da nach oben zu trainieren.“ Und ohne Erfolge würde sie sich nicht motivieren können. „Es wäre eine Verschwendung, wenn ich den Wasserski fallen ließe.“ Erfolg motiviert – nicht nur im Sport. „Erst kommt das Abi. Dann will ich mich auf ein Gebiet spezialisieren und mich dort von den anderen abheben.“ Was das für ein Beruf sein wird, gilt es aber noch herauszufinden. Sprachen, fremde Kulturen, kreatives Schaffen, Arbeit mit Menschen und Reisen sind die Eckpfeiler, die Julia Hüllers zukünftigen Weg markieren sollen. Vielleicht Hotel- oder Tourismusmanagement, vielleicht auch Modedesign, wer weiß das schon. Und wie wäre es mit Wasserskitrainerin? „Auf keinen Fall in Deutschland.“ Trainer Andreas Leonhardt ruft derweil durch den Regen: „Wir brechen ab, das wird heute nichts mehr.“

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