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Wie lässt sich die Menschheit angesichts Bevölkerungsanstieg, Klimawandel und knapper Ressourcen ernähren? Von Reiner Brunsch
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Das Jahr 2012 ist vom Bundesforschungsministerium zum Themenjahr „Zukunftsprojekt Erde“ benannt worden. Nachhaltige Entwicklung steht im Fokus. In den PNN stellen Wissenschaftler verschiedener Potsdamer Institute ihre Arbeit dazu vor.
Die Sicherung der Ernährung einer wachsenden Weltbevölkerung ist eine der großen globalen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts. Die Vereinten Nationen rechnen mit einem Anwachsen der Weltbevölkerung bis 2050 auf über neun Milliarden Menschen. Gleichzeitig gibt es einen Wandel der Ernährungsgewohnheiten in Schwellen- und Entwicklungsländern hin zu einer Kost mit hohem Gehalt an vor allem tierischem Eiweiß, Zucker und Fett sowie eine zunehmende Nutzung landwirtschaftlicher Flächen für den Anbau nachwachsender Rohstoffe. Hinzu kommen die Auswirkungen des Klimawandels auf die landwirtschaftliche Produktivität und eine zunehmende Verknappung natürlicher Ressourcen wie Phosphor und Wasser.
Wie lassen sich angesichts Bevölkerungswachstum, Klimawandel und knapper Ressourcen qualitativ hochwertige Lebensmittel in ausreichender Menge nachhaltig erzeugen? Und was könne man tun, um Menschen gesund zu ernähren? Diesen drängenden Zukunftsfragen wird sich in den nächsten fünf Jahren der disziplinübergreifende Leibniz-Forschungsverbund „Nachhaltige Lebensmittelproduktion und gesunde Ernährung“ widmen. Der Verbund vereint zwölf Leibniz-Institute, die in den Bereichen Agrar und Umwelt, Ernährung, Wirtschaft und Gesellschaft forschen, zu einem in Deutschland einzigartigen Kompetenz-Cluster.
Ernährungssicherung besitzt eine quantitative und eine qualitative Dimension. Um die Produktion von qualitativ hochwertigen Lebensmitteln so zu organisieren, dass sie den Ansprüchen einer ausreichenden Versorgung und einer nachhaltigen Entwicklung gerecht wird, bedarf es einer systemischen Betrachtung entlang der Wertschöpfungsketten – von der Nutzung der Ressourcen Boden, Wasser, Energie bis hin zum verzehrfertigen, sicheren Lebensmittel.
Eine weitere Herausforderung besteht darin, die Gesellschaft gesund zu ernähren. Neben Fragen der Wirksamkeit von Lebensmitteln auf die Gesundheit geht es vor allem darum, die Ernährungsmuster und das konkrete Verbraucherverhalten ursächlich aufzuklären. Warum ernähren sich in Industrieländern viele Menschen ungesund? Worin liegen die Ursachen für konkretes Verbraucherverhalten?
Es geht insbesondere um die Wechselwirkungen von Produktion, Ernährung und Verbraucherverhalten, zum Beispiel um die Frage, wie sich veränderte Konsumgewohnheiten auf die Nachhaltigkeit der Produktion auswirken. Könnte beispielsweise eine Reduzierung des Fleischverbrauchs zu einer nachhaltigeren Produktion führen? Würde ein weitgehender Fleischverzicht der Bevölkerung zu mehr Gesundheit verhelfen? Und welche volkswirtschaftlichen Konsequenzen wären damit verbunden? Nachhaltige Lebensmittelproduktion und die Aufgabe, eine Gesellschaft gesund zu ernähren, sind gesamtgesellschaftliche Themen, die wir nur im Zusammenwirken verschiedener Disziplinen bearbeiten können.
Im Verbund werden daher Wissenschaftler aus natur- und ingenieurwissenschaftlich ausgerichteten Instituten mit Experten der Wirtschafts- und Sozialwissenschaften zusammenarbeiten. Der Forschungsverbund startet mit derzeit zwölf Leibniz-Instituten, sieben sind in der Region Berlin-Brandenburg angesiedelt: das Leibniz-Institut für Agrartechnik Potsdam-Bornim (ATB), das Deutsche Institut für Ernährungsforschung (DIfE), das Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB), das Leibniz-Institut für Gemüse- und Zierpflanzenbau (IGZ) in Großbeeren, das Leibniz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung ZALF in Müncheberg sowie das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung DIW in Berlin und das Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung (WZB). Weitere Institute werden dazukommen.
Mit seinem disziplinübergreifenden Zusammenwirken bündelt der Leibniz-Verbund Kompetenz und wissenschaftliche Schlagkraft auf bislang einzigartige Weise. Mitte September treffen sich die Institutsleiter zur ersten Sitzung in Berlin, um konkrete Aufgabenpakete zu schnüren.
Reiner Brunsch ist Direktor des Leibniz-Instituts für Agrartechnik in Bornim (ATB) und Sprecher des Leibniz-Verbunds.
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