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Englisch sollte einen größeren Stellenwert in den Stundenplänen erhalten.

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Homepage: Weg vom Fehlerzählen

Ein Plädoyer für besseren Englischunterricht bei den Tagen der Lehrerbildung an der Universität

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Um die Englischkenntnisse deutscher Neuntklässler ist es nicht gut bestellt. Hören Hauptschüler im Unterricht einen Text, verstehen 80 Prozent von ihnen so gut wie gar nichts. In den Gesamtschulen sieht es kaum besser aus, und auch an Realschulen gibt es mitunter eklatante Verständigungsprobleme. Nur in Gymnasien und in Schulen mit bilingualem Unterricht wird besser Englisch gesprochen.

Der Didaktiker und Mitbegründer des Bundesfremdsprachenwettbewerbs Konrad Schröder von der Universität Augsburg präsentierte am Mittwoch während der diesjährigen Tage der Lehrerbildung an der Universität Potsdam die Ergebnisse der sogenannte DESI-Studie, in die deutschlandweit 11000 Neuntklässler aller Schulformen einbezogen waren. Vor allem Potsdamer Lehrer und Lehramtsstudierende folgten im vollbesetzten Vortragsraum seinen Ausführungen, die nicht weniger schockierten als vor Jahren die Ergebnisse der PISA-Studie. Damals jedoch gab es keine Erhebungen zum Englischunterricht – eine Lücke, die nun mit „Deutsch Englisch Schüler International“, kurz DESI, geschlossen wurde.

Die gestern zu Ende gegangenen Lehrerbildungstage hatten sich ins „Spannungsfeld zwischen Theorie und Praxis“ begeben, und so beließ es Konrad Schröder nicht bei der empirischen Bestandsaufnahme, sondern zog konkrete Schlüsse für den Englischunterricht. Immerhin, das ergab die zeitlich ausgedehnte Untersuchung, hatten die Neuntklässler im Verlauf eines Schuljahres signifikante Lernfortschritte gemacht. Dabei schnitten die Mädchen durchgängig besser ab als die Jungen. Ein Migrationshintergrund erwies sich, entgegen der Vermutung, nicht als negativ.

Eine für die empirische Unterrichtsforschung einmalige Videostudie, in der 100 Englischstunden aufgezeichnet wurden, machte sichtbar, wo die Probleme liegen. Die Lehrer reden zu viel, mitunter zwei Drittel der Unterrichtszeit. Das Gespräch mit den Schülern, der „Classroom discourse“, kommt zu kurz und erfüllt selten die didaktischen Anforderung. Konrad Schröder nennt ihn „verarmt, unauthentisch, ohne Bezug zum Schüler und seiner konkreten Lebenswelt“.

Die Lehramtsstudierenden im Auditorium interessierte, was sich seit DESI getan habe und wie sie selbst als künftige Lehrer mit einer besseren Unterrichtsqualität Einfluss nehmen könnten. Schröder nannte erste Maßnahmen: „Es wird vor allem mehr gesprochen. Der Lernerfolg der Schüler wird häufiger im Mündlichen kontrolliert, und auch die Abschlussprüfungen konzentrieren sich stärker aufs Sprechen.“ Wichtig sei zudem, dass die Schüler lernten, sich selbst einzuschätzen, und zwar über Portfolio-Arbeit und nicht so sehr durch Noten. An die Adresse der künftigen und bereits praktizierenden Lehrer richtete der Didaktiker die Forderung, vom Fehlerzählen abzurücken, nicht permanent zu verbessern, Falsches mit mehr Gelassenheit zu registrieren, um nicht ständig den Kommunikationsfluss zu unterbrechen. Grammatikfehler gelten heute nicht mehr als die schwerwiegenden Fehler, sagte Schröder. Vielmehr seien es die inhaltlichen Kulturfehler, die die Verständigung erschwerten.

An die anwesenden Dozenten richtete Schröder die Erwartung, dem „Classroom discourse“ im Studium mehr Aufmerksamkeit zu schenken. Und so zog er in seinem Beitrag zu den Lehrerbildungstagen den von der Uni gewünschte Spannungsbogen von der empirischen Forschung über die Schulpraxis hin zur universitären Ausbildung. Antje Horn-Conrad

Antje Horn-Conrad

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