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Homepage: Weihnachten in der Arktis Die AWI-Polarforscher feiern bei Knäckebrot und Haferbrei

POST AUS DEM EIS Potsdamer Polarforscher arbeiten das ganze Jahr über in der Koldewey-Station auf Spitzbergen, auch in der dunklen und kalten Zeit der Polarnacht. Wie kommen sie zurecht mit der Einsamkeit, der Kälte, den Monaten ohne Tageslicht?

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POST AUS DEM EIS Potsdamer Polarforscher arbeiten das ganze Jahr über in der Koldewey-Station auf Spitzbergen, auch in der dunklen und kalten Zeit der Polarnacht. Wie kommen sie zurecht mit der Einsamkeit, der Kälte, den Monaten ohne Tageslicht? Den PNN schicken sie regelmäßig eine Botschaft aus dem Eis. 15. bis 24. Dezember: Ja, wir werden weiße Weihnachten haben und darüber freue ich mich sehr! In diesem Teil der Arktis ist das nicht unbedingt selbstverständlich, denn im Dezember sind immer noch Regen und Plusgrade möglich, wie etwa im letzten Jahr. Doch dieses Jahr ist der ganze Dezember mit Temperaturen um -20°C sehr kalt gewesen, auch -30°C hat unser Thermometer schon für ein paar Minuten angezeigt. Die Folge davon ist nicht nur, dass der Schnee liegen bleibt und wunderschön beim drübergehen knirscht, sondern auch, dass sich eine beachtliche Eisschicht auf dem Fjord gebildet hat. Was in Deutschland nur für gute Laune angesichts der Möglichkeit, Schlittschuh zu laufen, führen würde, bedeutete für uns, dass das letzte Frachtschiff vor diesem Winter unter anderem mit der Verpflegung für die nächsten vier Monate nicht ohne Probleme und der Hilfe der Küstenwacht, Ny-Ålesund anlaufen könnte. Bis zum nächsten Schiff im kommenden Frühjahr muss alles mit einem kleinen Flugzeug transportiert werden, das uns das ganze Jahr über zweimal die Woche und über die Feiertage einmal in der Woche mit der Außenwelt verbindet. Mit diesem Flugzeug kommen auch alle unsere Gäste an die Station und es bringt die Post von und nach Ny-Ålesund. An diesem Montag sind nicht nur Weihnachtspost und Gäste, die mit uns Weihnachten in der Arktis feiern wollen, angekommen, sondern auch drei echte Weihnachtsbäume, die am Dienstag gemeinschaftlich in der Messe aufgestellt und geschmückt wurden. In dieser Zeit des Jahres gleicht der Ort einer großen Familie, in der viel zusammen unternommen wird und in der Weihnachtsbräuche aller anwesenden Nationen Beachtung finden. Besonders spannend ist dabei, andere Bräuche kennen zu lernen und die Reaktion der anderen auf die eigenen Bräuche zu sehen. Die Internationalität Ny-Ålesund spiegelt sich auch in unseren Pfefferkuchen wieder, die vergangenen Freitag gebacken und von einem chinesischen Professor mit chinesischen Schriftzeichen aus rosa und gelbem Zuckerguss verziert wurden. Unsere Weihnachtsfeierlichkeiten werden heute mit einem typisch norwegischen Weihnachtsmittagessen beginnen. Es wird Schinken mit Knäckebrot und Grøtt, eine Art Haferbrei, geben. In der Grøtt ist eine einzige Mandel versteckt, die dem glücklichen Finder ein Marzipanschweinchen beschert. Gegen fünf werden wir im Schlitten zum Glockenturm fahren, der in der Nähe des Hafens steht, und Weihnachten einläuten. Jens, unser Stationsleiter, und ich werden dort wieder ein paar Weihnachtslieder spielen und hoffen, dass dieses Mal alle kräftig mitsingen. Nach dem Abendessen werden wir uns für eine kurze Zeit trennen, um unsere Familien anzurufen und persönliche Geschenke auszupacken, bevor wir den Abend gemeinsam in der Messe ausklingen lassen. Peder, der Baggerfahrer, wird sich als Weihnachtsmann verkleiden, obwohl er mit seinem Vollbart und den schneeweißen Haaren eigentlich gar keine Verkleidung bräuchte, und die Weihnachtsgeschenke, die das Julekomitee für jeden Einwohner besorgt hat, verteilen. Vielleicht werden wir auch um den Weihnachtsbaum tanzen und Weihnachtslieder singen, ein norwegischer Brauch der eigentlich nur mit Kindern begangen wird. Die beiden Weihnachtsfeiertage werden sehr ruhig werden, Jens und ich werden unsere Arbeit auf das Notwendigste beschränken und unsere Zeit mit dem Rest des Ortes verbringen. Der Pastor Longyearbyens, der in diesen Tagen mit einem Hubschrauber über Spitzbergen fliegt und alle Bewohner der Insel besucht, wird am 1. Weihnachtstag zu uns kommen und mit uns einen Weihnachtsgottesdienst feiern. Am 2. Weihnachtsfeiertag werden wir zusammen Bingo spielen, wobei gespendete Geschenke gewonnen werden können. Der Erlös der Bingospielzettel wird an die Kinder von Barentsburg, eine russische Siedlung auf Spitzbergen, gehen. So werden diese Tage mit allen ihren Besonderheiten zu einem sehr eindrucksvollen und unvergesslichen Erlebnis für mich werden. Auch wenn mir meine Familie und meine Freunde in Deutschland fehlen, so freue ich mich darauf, die Weihnachtsfeiertage 2003 in der Arktis in meiner internationalen Ny-Ålesund-Familie zu verbringen.Konstanze Piel

Konstanze Piel

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