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Landeshauptstadt: Weihnachtsgans ist ausverkauft

Rund 60 Prozent weniger Tiere aus Angst vor neuer Stallpflicht / Amtstierärztin: Vogelgrippe-Gefahr bleibt

Stand:

Der Festtagsbraten fällt dieses Jahr aus. Zumindest für all die Potsdamer, die ihre Weihnachtsgänse bei heimischen Bauern kaufen wollten und es bis jetzt noch nicht getan haben: Die rund 170 Gänse der Landeshauptstadt sind ausverkauft.

Schon vor acht Wochen etwa hat Gerhard Neumann vom Bornimer Erntegarten die letzte seiner 120 Gänse für einen Kunden reserviert – „zeitiger als sonst“, so Neumann. Ähnlich sieht es beim Krampnitzer Bauer Ernst Ruden aus. Alle 50 Tiere konnte er bereits verkaufen, 20 von ihnen werden bereits morgen zum Martinstag geschlachtet. Bleiben nur noch 30 fürs Fest, die derzeit noch froh gackernd über Rudens Wiesen watscheln. Im vergangenen Jahr hielt der Krampnitzer dagegen noch 150 Gänse. „Aber wir wussten ja nicht, ob wir sie wieder einsperren müssen“, so der Landwirt.

Die Stallpflicht, die vergangenes Jahr wegen der Vogelgrippe verhängt wurde, hat nicht nur die rund 150 Hobby-Geflügelhalter in der Landeshauptstadt verunsichert, sondern auch die beiden Gänse-Bauern: „Wir wollten das hohe Risiko nicht eingehen“, sagt Neumann. Statt der sonstigen 500 wachsen dieses Jahr nur 120 in seinem Betrieb zum Weihnachtsbraten heran. Falls die Tiere wegen der Seuche nun wieder hinter Gitter müssten, würden sich die Vögel nicht zu sehr drängen müssen. Im vergangenen Jahr musste er für rund 20 000 Euro riesige, überdachte Freigehege bauen, um den Gänsen während der Stallpflicht einen wenigsten den Umständen entsprechenden Auslauf gewähren zu können.

Zwar gilt bundesweit noch immer die Stallpflicht – doch Potsdams Federvieh darf seit Mai per Ausnahmeregelung wieder ins Freie. Amtstierärztin Renate Lehmann hat bislang den Vögeln von 20 Haltern den Freigang genehmigt. Denn die Landeshauptstadt sei kein Risikogebiet für die Ausbreitung der Seuche, weil die Zugvögel dort keine Rastplätze hätten – auch nicht die Wildgänse, die zurzeit Potsdam überfliegen, erklärt Lehmann.

Rudens Kollegen im rund 16 Kilometer entfernten Ketzin dagegen mussten ihre Tiere der ziehenden Vögel wegen wieder einsperren. Doch in der Landeshauptstadt kräht offenbar kein Hahn mehr nach der Vogelgrippe. Das auch für Menschen gefährliche Influenza-Virus, das 2005 weltweit für Aufregung sorgte? Zumindest für die meisten Potsdamer ist es kein Thema mehr, so Lehmann: „Das heißt aber nicht, das die Gefahr nicht da ist“, so Lehmann. Der im August in Dresden gefundene Schwankadaver, der mit Vogelgrippe infiziert war, verdeutliche dies. Die Schutzmaßnahmen dürften darum nicht nachlassen, betont die Veterinärin. So dürfen Vogelbesitzer weiterhin ihre Tiere nicht im Freien füttern, um keine Wildvögeln anzulocken. Zudem müssen die Tierärzte das Blut der geschlachteten Vögel nach dem Erreger untersuchen.

Zudem prüft das Veterinäramt der Stadt stichprobenartig, ob sich die Geflügelhalter an die Auflagen halten. Ungefähr 50 Halter haben Renate Lehmann und ihre Mitarbeiter kontrolliert und „keine gravierenden Verstöße“ festgestellt, so Lehmann. Das verknappte Angebot an Weihnachtsgänsen wirkt sich indes auch in Potsdam auf den Preis aus: Im Bornimer Erntegarten stieg in diesem Jahr der Preis für ein Kilogramm um 30 Cent. Die rund 150 Potsdamer Kunden, die sich für dieses Weihnachten ein Gans sichern konnten, zahlen dafür neun Euro pro Kilo. Für die rund sechs Kilogramm schweren Gänse bei Bauer Ruden müssen sie rund 50 Euro ausgeben.

Juliane Wedemeyer

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