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Überschaubare Menge. Jungwinzerin Ragna Haseloff erntet auf dem Mühlenberg in Baruth/Mark Trauben der Sorte Cabernet Cortis. Richtig viel gibt es bei der ersten Weinlese nicht zu tun. Das werden höchsten 150 Liter, schätzt Haselhoff.

© Michael Urban/ddp

Von Michael Klug: Wein mit Potenzial

In Baruth haben Landschaftsarchitekten und Künstler die Weinbautradition der Region wiederbelebt

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Baruth - Richtig viel haben die Jungwinzer um Ragna Haseloff und Karsten Wittke bei ihrer ersten Weinlese auf dem Baruther Mühlenberg nicht zu tun. Keine drei Stunden benötigen die elf Männer und Frauen, um die tief gelben und dunkel violetten Trauben von den Rebstöcken auf dem 102 Meter hohen Hügel am Ortsrand von Baruth zu holen. Nach getaner Arbeit fällt die Vorfreude auf den Wein verhalten aus. „Das werden höchsten 150 Liter“, schätzt die Landschaftsarchitektin Haseloff bei einem Blick auf die überschaubare Menge von Trauben der Sorten Helios, Solaris und Cabernet.

Auch der freischaffende Künstler Wittke macht sich nur wenig Hoffnung über die Qualität der Ernte. „Mehr als ein Garagenwein wird das nicht“, sagt er. Dennoch sind Wittke, Haseloff und die anderen Mitglieder des Vereins zur kulturellen Entwicklung i-ku zufrieden mit ihrer ersten Weinlese. „Dafür, dass wir keinerlei Erfahrungen haben und der Weinberg erst vor drei Jahren angelegt wurde, ist das ganz ordentlich“, sagt Haseloff.

Die Mitglieder von i-ku sind alles andere als Weinprofis. Vor ein paar Jahren gemeinschaftlich von Berlin nach Baruth gezogen, besteht die Gruppe überwiegend aus Künstlern, Architekten und Informatikern.

In der Provinz suchten sie neben der ländlichen Ruhe für ihre Familien auch ein Betätigungsfeld für ihre kreativen Ideen. „Die Gegend ist mit ihrer kriegsbelasteten Geschichte und der sozialistischen LPG-Wirtschaft eher fehlentwickelt. Mit Kulturarbeit wollten wir uns an einer Neuentwicklung dieses Raumes beteiligen“, sagt Haseloff über die ursprünglichen Projekte von der Neugestaltung alter Parkanlagen bis zu Gesprächskreisen.

Auf die Idee mit dem Wein kamen sie bei einem Blick auf das alte Wappen der Stadt. Mit dem Weinbau soll in der Region um Baruth bereits im 13. Jahrhundert begonnen worden sein. So finden sich auf alten Vermessungskarten bereits Nachweise über den Weinanbau in jener Zeit. Und bis heute ziert ein Weinstock mit Trauben das alte Stadtwappen.

„Mit dem Wein haben wir ein Stück Tradition entdeckt, das wirklich Potenzial hat“, sagt Wittke. In den vergangenen Jahren brachten die Vereinsmitglieder mehr als 1300 Rebstöcke in den sandigen Boden des Mühlenbergs und machten das gesamte Areal begehbar.

Bereits jetzt ist der jüngste Weinberg Brandenburgs ein kleines Erfolgsprojekt. Denn lange bevor der erste Mühlenbergwein überhaupt gekeltert worden ist, zieht er unzählige Weinliebhaber aus ganz Deutschland an. „Da es keine eigene Brandenburger Lage gibt, wurde unser Berg der Region Saale-Unstrut zugeordnet. Spezialisierte Reiseanbieter steuern uns deshalb bei ihren Weinreisen mit an“, sagt Haseloff über jene Besuchergruppen, die gelegentlich über den Mühlenberg und anschließend durch Baruth streifen.

Jenen Gästen, die in Erwartung eines echten Baruther Weins in die Mark kommen, wird durch Haseloff und ihre Mitstreiter derzeit allerdings noch ein Cabernet aus dem Rheinland kredenzt. Haseloff versichert jedoch, dass den Gästen damit zwar kein Baruther, aber zumindest ein vergleichbarer Wein eingeschenkt wird. „Nach Einschätzungen von Experten dürften unsere Lage und der Boden in etwa das gleiche Ergebnis wie diese Weine erzielen“, sagt Haseloff.

Voraussetzung ist, dass die in Baruth geernteten Trauben fachmännisch verarbeitet werden. Mangels eigener Erfahrungen müssen die Baruther derzeit noch auf fremde Hilfe vertrauen. In diesem und kommenden Jahr entsteht der Wein noch bei einem Winzer in Sachsen-Anhalt. Spätestens 2011 soll die erste Vollernte vom Mühlenberg geholt und vor Ort in einem eigenen Keller gepresst und gelagert werden. „Wenn alles nach Plan läuft, haben wir in zwei Jahren um die 2600 Liter echten Baruther Wein“, hofft Haseloff. Sie rechnet damit, dass ein Großteil davon dann im Direktvertrieb an Liebhaber verkauft wird.

Michael Klug

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