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Eine der ältesten gastronomischen Einrichtungen Potsdams: Die Weinbergterrassen sollen einer Wohnbebauung weichen.

© Andreas Klaer

Von Guido Berg: Weinbergterrassen vor dem Abriss

Potsdams Denkmalamt attestiert „ausreichenden Schädigungsgrad“ / Anwohner droht mit Klage

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Innenstadt - Die Potsdamer Denkmalschutzbehörde gibt eines der ältesten Potsdamer Gastronomie-Gebäude zum Teilabriss frei: Betroffen sind die „Weinbergterrassen“ in unmittelbarer Umgebung des Welterbeparks von Sanssouci zwischen Gregor-Mendel-Straße und Weinbergstraße. Die Bauvoranfrage der beiden Grundstückseigentümer – „Ist es denkmalrechtlich genehmigungsfähig, den Saalbau des Hauptgebäudes abzutragen?“ – beantwortet die Untere Denkmalschutzbehörde laut ihrer den PNN vorliegenden Stellungnahme vom 14. Januar 2011 so: „Das vorliegende Gutachten attestiert dem Saalbau einen ausreichenden Schädigungsgrad, so dass die obere Etage mit dem Saal abgetragen werden kann.“ Lediglich die beiden Untergeschosse sollten „als Zeugnis der historischen Weinbaunutzung“ erhalten werden. Wenn es nach dem Planungsamt geht, könnte sogar der gesamte Bau abgerissen werden.

Allerdings waren Planungs- als auch Denkmalamt im Frühjahr 2010 noch anderer Meinung: Das Abrissbegehren derselben Grundstückseigentümer beantwortete das städtische Denkmalamt zu diesem Zeitpunkt noch so: „Das vorliegende Gutachten attestiert dem Saalanbau einen Schädigungsgrad im Bereich der Wandbauteile, der sanierbar ist. Außerdem ist das Mauerwerk überwiegend standsicher und der Feuchtigkeitsanteil gering.“ Vom Planungsamt kam ein Nein mit Verweis auf den historischen Wert der Ruine: „Der Saal, welcher verschiedentlich überformt und teilweise erweitert wurde, bildet den ursprünglichen Kernbau des in den 1920er bis 1950er Jahren entstandenen Restaurantbetriebes ,Mühlenberggrotte’ auf dem terrassierten Weinberg.“ Und weiter: „Da der Saalbau somit zu den ältesten gastronomischen Einrichtungen Potsdams zählt, ist er von städtebaulicher und (kultur-)geschichtlicher Bedeutung.“

Der amtliche Sinneswandel binnen Jahresfrist hat einen Hintergrund: Bereits im April 2010 hatte die Bauaufsicht auf der Basis der ablehnenden Stellungnahmen von Planungs-und Denkmalschutzamt einen negativen Bauvorentscheid an die Eigentümer verschickt. Demnach hätten sie die historische Bausubstanz sanieren und ihre Pläne für eine Neubebauung nach Plänen des Architekten Rüdiger Flender mit etwa 30 Wohneinheiten ad acta legen müssen. Allerdings wurde dieses „Nein“ aus der Bauaufsicht noch im selben Monat wieder zurückgenommen und den Grundstückseigentümern Gelegenheit gegeben, weitere Dokumente einzureichen. Dabei handelt es sich unter anderem um eine den PNN vorliegende Wirtschaftlichkeitsbetrachtung, die nachweisen soll, dass es den Antragstellern aus wirtschaftlichen Gesichtspunkten nicht zuzumuten ist, das Bauerbe zu erhalten.

Die nun revidierten Stellungnahmen der Fachbehörden dürften Basis sein für einen in den nächsten Tagen zu erwartenden positiven Bauvorbescheid – grünes Licht für Teilabriss und Neubebauung des Weinbergterrassen-Areals. Damit rechnet zumindestens der verfahrensbeteiligte Anwohner Georg Ebner von Eschenbach, der die Pläne kritisiert und bereits ankündigt, gegen einen positiven Bauvorbescheid zu klagen. Dessen Anwalt Janko Geßner vermutet, dass aufgrund der positiven Stellungnahmen der Fachämter nun ein positiver Bauvorbescheid für den Abriss ergehen wird. Dieser „wäre rechtswidrig“, so die Meinung des Anwalts, da „keine Vereinbarkeit mit dem Denkmalschutz- und dem Planungsrecht“ vorliege.

Die Stadt Potsdam äußerte sich gestern nicht: „Zu Einzelheiten der Entscheidungsfindung zu Bauanträgen oder Vorbescheiden erteilt die Verwaltung keine Auskünfte.“ Der Haupteigentümer der Weinbergterrassen nannte „Neid und Boshaftigkeit“ als Ursache für die Kritik an seinen Plänen. Von Anfang an seien die Denkmalschutzbehörde und das Stadtplanungsamt in die Planung einbezogen worden. Alles sei rechtens. Die Bausubstanz sei aufgrund des 20-jährigen Leerstandes „zerstört“. Er habe vor, „etwas Neues, sehr Schönes entstehen zu lassen“.

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