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Landeshauptstadt: Weiße Flecken füllen

Potsdamer Schüler korrigieren NS-Falschmeldungen

Anton Lißner ist Schüler der Abiturstufe des Helmholtz-Gymnasiums. Und er ist ein Radikaler. Oder zumindest wäre er es gewesen, hätte er zu der Zeit des NS-Regimes gelebt. Zu dieser Überzeugung kam der 19-Jährige während seiner Arbeit für das Jugendprojekt „Weiße Flecken“, das die Jugendinitiative Step 21 initiiert hat.

Mit „Weiße Flecken“ sind journalistische Lücken in der nationalsozialistischen Presse ab 1933 gemeint. Bundesweit wurden Jugendliche aufgefordert, Ereignisse zu recherchieren, die in der NS-Presse verschwiegen oder falsch dargestellt wurden. Kommenden Donnerstag soll das Ergebnis in Form einer Zeitung als Beilage in der „Zeit“ erscheinen. „Wir haben uns die Widerstandsgruppe „Rote Kapelle“ ausgesucht“, so Anton. „Über die “Rote Kapelle“ wurde während der NS-Herrschaft überhaupt nicht berichtet, obwohl es Widerstandsaktionen gab. Später, in der DDR, wurde diese Gruppe, die den Nationalsozialismus ablehnte, als Helden gefeiert. Im Westen galten sie als kommunistische Spione,“ erklärt Anton. „Lange Zeit war man der Meinung, die Kapelle hätte Funksprüche nach Russland gesandt, was nicht stimmt,“ ergänzt Lißner. „Wenn ich zu der Zeit gelebt hätte, wäre mein Widerstand ein bisschen radikaler gewesen als ein paar Flugblätter und NS-kritische Publikationen. Ich hätte eher versucht, einen Anschlag auf Hitler zu verüben,“ sinniert der Abiturient. Seine beiden Mitstreiterinnen Andrea Gau und Stefanie Becker sehen das ähnlich. „Die Recherchearbeit hat uns einen besseren Bezug zur Geschichte vermittelt“, so Anton. So sprachen die Schüler mit dem Sohn eines Mitglieds der „Roten Kapelle“, Hans Koppi. „Das ist schon was anderes, als nur in Geschichtsbüchern nachzulesen“, sagt Anton. Ihn hätte die Arbeit mit seinem „Weißen Fleck“ vor allem in seinem Berufswunsch gefestigt. Er wolle Journalist werden, erklärt er. Am Montag wird die fertige Zeitung mit vier Texten der Potsdamer dem Bundespräsidenten Horst Köhler vorgestellt. cbr

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