Bildungsforum Potsdam: Weiße Handschuhe, kluge Automaten
In Sonderführungen gibt das Bildungsforum Potsdam einen Blick hinter die Kulissen.
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Potsdam - Wenn jemand Bücher in den Rückgabeautomaten der Stadt- und Landesbibliothek (SLB) legt, muss Hannelore Rüger lauter sprechen. „Pro Tag werden etwa 2000 ausgeliehene Medien zurückgegeben“ erklärt die Bibliothekarin den rund zehn Zuhörern, die am Samstag ins Bildungsforum Potsdam gekommen sind, um an einer Führung durch das Haus teilzunehmen. Sie alle stehen neben einer großen Maschine, die äußerst geräuschvoll ganz automatisch Bücher, CDs oder DVDs scannt und sie in umherstehende Behälter sortiert. Für diejenigen, die ihre Medien hier zurückgeben, ist dieser Vorgang nicht zu sehen – er findet hinter einer Wand in einem anderen Raum statt. Deswegen bezeichnet Rüger diesen auch als „geheimen Ort“, der in der heutigen Führung durch das gesamte Bildungsforum unter dem Motto „Hinter den Kulissen“ Besuchern gezeigt wird.
Was der Bibliotheksnutzer auch nicht sieht, erklärt Rüger, ist, dass im Hintergrund trotz maschineller Unterstützung viele Mitarbeiter am Werk sind. Alles Zurückgebrachte muss einsortiert werden, damit es anderen Nutzern wieder zur Verfügung steht. „Und wenn jemand ein wertvolles Buch ausleiht, dann weisen wir darauf hin, dass es direkt bei einem Mitarbeiter abgegeben werden soll“, erklärt sie. Hier sei Fingerspitzengefühl gefragt, die Fahrt durch den Automaten sei mit Blick auf Einband und Seiten auf Dauer nicht das Richtige.
Wertvolle Bücher, das sind zum Beispiel jene, die zur Brandenburgica gehören, der bedeutendsten Sammlung zur Brandenburgischen Geschichte. Neben einem ausleihbaren Bestand gibt es eine große Archivsammlung in der Stadt- und Landesbibliothek, welche nur unter Aufsicht eines Mitarbeiters eingesehen werden kann. Sie befindet sich im Magazin der Bibliothek, wohin Hannelore Rüger ihre Gäste als nächstes führt – und das sonst nur Mitarbeitern zugänglich ist.
Mit Blick auf das, was die Regalreihen füllt, wird schnell verständlich, warum hier nicht jeder rein darf: Riesige, schwere, auffällig verzierte und vor allem alte Bücher stehen hier, daneben fortlaufende Sammlungen diverser Tageszeitungen, darunter auch die Potsdamer Neuesten Nachrichten. Es ist kühl und riecht nach verschiedenen Papieren. „Das älteste Buch, das die Bibliothek besitzt, ist von 1493“, erzählt Rüger. Es ist der „Marienpsalter“, allerdings aktuell ausgestellt im Haus der Brandenburgisch-Preußischen Geschichte. Für die Gäste der Führung hat sie deshalb andere Exemplare herausgesucht, in denen mit weißen Handschuhen auch geblättert werden darf. Darunter ist auch ein Buch, das restauriert werden konnte, weil jemand eine Patenschaft dafür übernommen hat – und zwar der Potsdamer Journalist und Fernsehmoderator Günther Jauch. Es handelt sich um ein Buch über Mühlenarchitektur von 1802.
Eigentlich gar nicht geheim, weil es jeder sehen kann, aber ebenfalls von Rüger als „geheimer Ort“ bezeichnet, ist ein Fresko von Kurt Hermann Kühn (1926-1989), das zu DDR-Zeiten den Eingangsbereich der SLB zierte. „Erben des Spartacus“ heißt es, einst 16,5 Meter lang, nach Sanierung der Bibliothek im Jahr 2013 in drei Teilen wieder in den Bau integriert. Vor allem jüngere Potsdamer dürften oft nicht wissen, dass diese Teile, die im Veranstaltungssaal, in der Musikabteilung und im Café der Bibliothek zu sehen sind, zusammengehören. Neben den Pfeilern des Gebäudes, für die Statik unabdingbar, ist es so ziemlich das Einzige, was aus DDR-Zeiten noch sichtbar erhalten geblieben ist.
Vor allem informativ geht es nach dem Besuch des Magazins in den Räumen der Volkshochschule (VHS) und auf der Wissenschaftsetage (WIS) für die Teilnehmer der Sonderführung weiter. Die VHS zeigt in einem Rundgang die Schulungsräume – so findet etwa gerade ein Malkurs statt, und die Besucher können einen Blick auf deren erste Werke werfen. In der WIS hingegen wird unter anderem die nächste Ausstellung vorgestellt: „Die Zukunft liegt im Wasser“. Dagmar Altenhöner präsentiert vorab, wie sie in etwa aussehen wird.
Für diejenigen, die das Bildungsforum mit seinen Angeboten bereits gut kennen und an Besonderheiten interessiert sind, könnte die Führung durch die SLB deshalb interessant sein. Jemand, der das Bildungsforum überhaupt erst einmal mit all seinen Angeboten kennenlernen will, hat vermutlich auch Freude an einem Rundgang durch die VHS und die WIS. Noch zweimal, am 23. September und 18. November, werden diese Spezialführungen angeboten.
Andrea Lütkewitz
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