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Von Thomas Gantz: Weiße Weste zu Weihnachten

Der 1. VfL Potsdam dominierte bislang die Handball-Regionalliga Nordost nach Belieben. Der verlustpunktfreie Tabellenführer lebte dabei von Teamgeist und bestechender Physis

Stand:

Peter Melzer hatte etwas von einem amerikanischen Nachrichtensprecher, der auf seinem Kanal den Zuschauern bedeutungsschwer die breaking news vorträgt. Die Beine wie angeschraubt, dem Blick ins eben wieder einmal hinreichend zufriedengestellte Publikum gerichtet, sprach der Trainer des Handball-Regionalligisten 1. VfL Potsdam am vergangenen Sonntag nach dem 39:28 über die HSG Tarp/Wanderup davon, „die Sache heute wieder einmal souverän abgearbeitet“ zu haben (PNN berichteten). Seit Wochen geht das nun schon so. Im Schnitt gewann der noch ungezwungene Tabellenführer in dieser Saison seine Spiele bislang mit zwölf Toren Differenz.

Wohin das noch führen soll? Zur Rückkehr in die 2. Bundesliga natürlich. Beim VfL ist dies fester Wille aller Beteiligten. Entsprechend ernsthaft gingen sie bislang Woche für Woche in die Spiele. Peter Melzer, als Lehrer ohnehin ein Freund des kontrolliert angewandten Regulativs, diszipliniert die 15 Spieler nach wie vor, lässt ihnen jedoch auch die Freiheit zum Ausbruch aus dem von Beruf und abendlichem Training geprägten Alltag. Als Torhüter Ariel Panzer Ende Oktober mit Teilen des Teams recht ausgiebig seinen 35. Geburtstag feierte und dann im folgenden Auswärtsspiel bei der Bramstedter TS in der kurzen Phase seines Mitspielens kaum einen Ball zu fassen bekam, holte ihn Melzer recht schnell wieder vom Spielfeld. Den Gemütsmenschen Panzer nahm dies derart mit, dass er anschließend auf der Bank mit den Tränen kämpfte. Der Argentinier hat gelernt aus dieser Begebenheit. Und auch Melzer, von dem der Torwart sagt, dass er außer Richard Ratka (derzeit GWD Minden) in seiner langen Laufbahn keinen besseren Trainer hatte, hat seine Schlüsse gezogen: „Das passiert ihm kein zweites Mal.“

Melzer und Panzer wollen über die Saison hinaus zusammenarbeiten. Wahrscheinlich wäre dies für den Aufstiegsfall, von dem in Potsdams nun endlich behutsam anwachsender Handballgemeinde mittlerweile offen geredet wird. Der Trainer sagt von sich, in diesem Punkt betont vorsichtig zu sein. Zuviele Momente unverhofften Scheiterns habe er in seiner langen Laufbahn schon erlebt. Im Winter des Jahres 2000 etwa hatte er mit dem damaligen Regionalligisten USV Cottbus einen sicheren Vorsprung in der Tabelle. Als nach einem Auswärtsspiel in Berlin ein Kleinbus des Vereins auf der Rückfahrt von der Fahrbahn abkam und sich vier wichtige Spieler schwerer verletzten, war es vorbei. „Ich kann mich erst beruhigt zurücklehnen und freuen, wenn rechnerisch alles klar ist. Derzeit sind wir gut beraten, uns immer eingehend auf den jeweils nächsten Gegner einzustimmen. Es kann noch viel passieren“, so Melzer, der ebenso wie der zuletzt in hervorragender Verfassung befindliche Rückraumspieler Enrico Bolduan vor den anstehenden Spielen beim BFC Preussen und in vertrauter Umgebung gegen die SG Flensburg-Handewitt II volle Konzentration anmahnt.

Die Verletzungsprobleme und Formschwächen der Vorsaison sind kein ernsthaftes Thema im Verein mehr. Die rasante Entwicklung der Truppe haben sie vergessen gemacht. Diese Sichtweise teilt auch der Trainer. „Wir sollten jetzt versuchen, mit einer weißen Weste von 30:0 Punkten in die dreiwöchige Weihnachtspause zu kommen“, sagte er und hat dann auch Respekt vor den zuvor noch zu spielenden Partien gegen den Bad Doberaner SV und beim LHC Cottbus.

Thomas Gantz

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