
© M. Thomas
Sport: Weiter in der Dritten Liga
Bankbürgschaft sicherte die Lizenz für den SV Babelsberg 03 – Vorstand und Fans konnten feiern
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Der Jubelschrei der Fans glich dem nach einem siegbringenden Tor. Bier- und Sektflaschen kreisten am Mittwochnachmittag um 15.24 Uhr vor der Geschäftsstelle des SV Babelsberg 03, nachdem dessen neuer Präsident Thomas Bastian dieses eine halbe Stunde zuvor aus der Zentrale des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) in Frankfurt (Main) eingegangene Fax an den SVB vorgelesen hatte: „Nach Einschätzung der DFB-Zentralverwaltung ist die Bedingung hinsichtlich der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit Dritte Liga hiermit erfüllt.“ Kurz vor Ablauf der Lizenzierungsfrist hatte Nulldrei eine bis dato noch klaffende Deckungslücke von 1,3 Millionen Euro für den geplanten 2,7-Millionen-Euro-Etat schließen können, weil am Vormittag die Deutsche Kreditbank (DKB) eine entsprechende Bürgschaft gegeben hatte.
Pure Erleichterung nun bei den rund 300 anwesenden Anhängern des Vereins, sichtliche Entspannung in den Gesichtern der Verantwortlichen. „Ohne diese Unterstützung der Fans wäre das nicht möglich gewesen. Ohne diesen friedlichen Protest, den man hier hinausgetragen hat“, lobte Cheftrainer Dietmar Demuth, der nun darangehen kann, eine Mannschaft für die neue Saison zu formen (siehe auch „Ich muss zu meinem Wort stehen“). „Ich bin glücklich, dass es hier weitergeht“, erklärte Abwehrspieler Ronny Surma, der bis Mittwochvormittag in Babelsberg geblieben war, ehe er heim nach Dresden fuhr. „Jetzt kann ich meinen Mallorca-Urlaub richtig genießen.“ Mannschaftskapitän Marian Unger, der sich die nächsten Tage auf Gran Canaria erholen will, freute sich ebenfalls über Babelsbergs Rettung, weiß aber noch nicht, ob er auch in der kommenden Saison im SVB-Kasten stehen wird. „Die nächsten Tage wird sich das zeigen“, erklärte er. „Nach dem Offenbarungseid des damaligen Vorsitzenden in der vergangenen Woche war klar, dass auch wir Spieler mit einem noch gültigen Vertrag uns umgucken müssen, denn es war ja eine neue Situation entstanden. Das ist normal. Nun werde ich natürlich auch mit Babelsberg noch sprechen – und dann sehen wir weiter.“ Das gleiche gilt für Abwehrspieler Marcus Hoffmann. „Noch ist alles offen, ich warte jetzt erst einmal auf einen Anruf des Trainers“, sagte er.
Thomas Bastian, seit Montag dieser Woche Nachfolger Rainer Speers als Vorsitzender des Vereinsvorstandes, atmete am Mittwochnachmittag erst einmal tief durch. „Das Adrenalin lässt ein bisschen nach, aber die Anspannung ist noch groß. Das ist ein momentaner Sieg für uns und zugleich der Beginn einer ganz langen Strecke. Wenn wir nicht schaffen, was wir uns vorgenommen haben, dann stehen wir Ende des nächsten Jahres wieder so da, aber ohne die Möglichkeit, dass uns jemand hilft oder rettet“, erklärte der 51-Jährige, der ebenso wie ungezählte weitere Anhänger des Vereins in den vergangenen sieben Tagen mit vielen Aktionen rund 65 000 Euro für den von der Insolvenz bedrohten SVB zusammengetrieben hatte. „Wir haben innerhalb einer Woche allein über 60 000 Euro von Kleinsponsoren erhalten“, berichtete Bastian. Die Dritte Liga, in der Nulldrei in der vergangenen Saison vielen Unkenrufen zum Trotz vorzeitig den Klassenerhalt gesichert hatte, wäre für den Kiezklub trotzdem aus wirtschaftlichen Gründen in weite Ferne gerückt, wäre die DKB nicht mit einer Bürgschaft von zunächst 1,3 Millionen Euro – von denen die Stadt Potsdam am späten Mittwochnachmittag, lange nach Ablauf der Lizenzierungsfrist wie versprochen 700 000 Euro übernahm – eingesprungen.
„Die Bank ist so eingestiegen, dass wir relativ gesichert sind“, erzählte Bastian nach der vormittäglichen Runde bei der DKB. Und: „Sie hat uns umarmt, sie hat uns auch eng umarmt. Sie wird uns aber massiv dabei helfen, den Verein zu professionalisieren, weil das die Einsicht der letzten Tage ist: Ohne professionelle Strukturen in der Geschäftsstelle und drumherum ist Profifußball nicht zu machen.“ Man habe sich mit der DKB einen Partner an Bord geholt, der Ahnung vom Sport habe, da er sich auch bei Hertha BSC und Hansa Rostock einbringe. „Die werden natürlich sehr darauf achten, wie wir jeden Cent umdrehen und wofür wir ihn ausgeben werden“, erklärte Bastian. „Das ist aber gut so, denn uns neuem Vorstand wird in solchen Dingen teilweise ja nicht die rechte Professionalität zugetraut – einer Bank schon. Wir wollen uns auch auf unsere Kompetenzen konzentrieren: Den Verein ein bisschen zu befrieden, einen anderen Umgangston einzuführen, ein bisschen mehr Ideen für mehr Zuschauer einbringen. Das alles läuft jetzt ohne Bremse unter der Kontrolle einer wirklich sportaffinen Bank. Ich glaube, damit sind wir ganz gut aufgestellt und abgesichert.“ Auf einer ersten Vorstandssitzung am Mittwochabend wurden die vorübergehenden Zuständigkeiten der fünf Mitglieder verteilt (siehe Kasten). Vorgesehen ist, dass der Aufsichtsrat des SVB weitere Vorstandsmitglieder bestellt.
Am Montag will Thomas Bastian kommissarisch auch die Geschäftsführung des SVB übernehmen. Für die bisherigen Mitarbeiter in der Geschäftsstelle „läuft erst einmal alles so weiter, es sind ja die Angestellten des Vereins“, sagte er. „Es wird sicherlich Veränderungen geben, wenn ich mir einen Eindruck davon gemacht habe, wie und was gearbeitet wird. Es wird möglicherweise Umschichtungen geben, vielleicht auch Hilfe.“ Der bisherige Geschäftsführer Ralf Hechel soll weiter den Umbau des Stadions leiten. „Wir können ganz gut miteinander reden und haben“, so Bastian, „auch gemeinsam die Lizenzgeschichte mit dem DFB fertig gemacht.“
Deren glücklichen Ausgang feierten die Fans nun ausgiebig mit Getränken und Musik. „Ich hatte eine Gänsehaut. Wir haben alle gezittert und konnten es zuerst gar nicht glauben“, gestand Michael Hartung, der seit den 80-er Jahren die Spiele im Babelsberger Karl-Liebknecht-Stadion besucht und auch am Mittwoch den Weg dorthin gefunden hatte. Claudia, die ihren Nachnamen nicht in der Zeitung sehen wollte und die auch alle Auswärtsspiele des SVB begleitet, hatte noch lange nach Bastians Kunde Freudentränen in den Augen. Und Fan Maik Hummel meinte: „Ich habe immer daran geglaubt, dass wir das schaffen. Aber so ein Nervenkitzel wie heute muss nicht nochmal sein.“
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