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Homepage: Weltweit weniger Hunger
Im Kampf gegen den Hunger gibt es Rückschläge – aber auch erhebliche Fortschritte
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Manchmal ist es sinnvoll, korrekt zu rechnen. Dadurch können plötzlich einige Millionen leerer Mägen verschwinden, die zuvor die Bilanz des Hungers in der Welt belastet hatten. Nach ersten, überschlägigen Rechnung der Welthilfsorganisationen sah es Ende des ersten Jahrzehnts des neuen Jahrtausends recht finster aus. „Alle dachten, die Millennium-Ziele können auf keinen Fall erreicht werden“, konstatierte Ralf Südhoff, der Leiter des World Food Programms der Vereinten Nationen (UN) in Deutschland auf einer Veranstaltung an der Uni Potsdam.
Im September 2000 definierten Staats- und Regierungschefs bei einer Generalversammlung der Vereinten Nationen voller Hoffnung Pläne für das kommende Jahrtausend. Die Zahl der weltweit Hungernden von einer Milliarde Menschen sollte in den nächsten 15 Jahren halbiert werden. Dann sei der Klimawandel gekommen, der weite Teile fruchtbaren Landes in Asien mit Hochwasser einerseits und Dürre andererseits überzog, so Südhoff. Preise für Getreide und andere Grundnahrungsmittel sien nach der Deregulierung der Handelsmärkte in den 90er Jahren explodiert. Spätestens 2008/2009 hätten Spekulanten Lebensmittel als boomende Einnahmequelle entdeckt. Es sah schlecht aus für die Hungernden der Welt.
„Mit verfeinerten Berechnungsmethoden haben wir dann aber festgestellt, dass sich doch etwas verändert hat“, sagte Südhoff. Eine genauere Erfassung von Haushalten, bewirtschafteten Flächen und Einwohnern ländlicher Gebiete ergab andere Zahlen.132 Millionen Menschen mehr als erwartet stehen nun doch 2000 Kalorien am Tag zur Verfügung. Also hungern sie definitionsgemäß nicht. Es verbleiben immer noch deutlich mehr als 800 Millionen unterernährter Menschen weltweit.
Der UN-Experte berichtete auf einem Symposium, das die „Zeitschrift für internationale Politik – WeltTrends“ organisiert hatte. Seit 20 Jahren existiert die Zeitschrift. Zuerst erschien WeltTrends vierteljährlich, mittlerweile im zweimonatigen Rhythmus. „Wir analysieren weltweite Politik parteiunabhängig und haben bisher Beiträge von mehr als 2000 Experten versammelt“, erklärt der Redakteur Claus Montag. WeltTrends fokussiert aktuelle Politikfelder, hat sich aber der tiefer gehenden Analyse und nicht der tagesaktuellen Berichterstattung verschrieben. Häufig organisiert die Zeitschrift in Zusammenarbeit mit verschiedenen Partnern international besetzte Symposien zu Schwerpunktthemen. Partner der aktuellen Veranstaltung war Venrob, der Verbund Entwicklungspolitischer Nichtregierungsorganisationen Brandenburgs e.V.
„Die Butter- und Milchberge gibt es in Europa nicht mehr“, stellte Südhoff auf dem Potsdamer Treffen fest. Nahrungsmittel müssten nicht von Europa nach Afrika exportiert, sondern vor Ort angebaut werden. Der Ernährungsexperte ist der Ansicht, dass der weltweite Hunger beseitigt werden könnte, trotz steigender Bevölkerungszahlen weltweit. In den ärmeren Ländern behindern allerdings oft auch politische Strukturen eine entsprechende Entwicklung. „Das kann man nicht ignorieren, aber es ist auch nicht sinnvoll, die Hilfe einzustellen. Man muss sich damit auseinandersetzen“, findet Südhoff. In Ländern wie Äthiopien, Bangladesch und Niger seien Hilfsprogramme der UN erfolgreich. Trotz starker Ernteausfälle und Dürren in den vergangenen Jahren herrsche dort kein Hunger. „Die Menschen haben gelernt, vorzusorgen“. Richard Rabensaat
Richard Rabensaat
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