Landeshauptstadt: Wen interessiert schon die Keilerei bei Issus Renate Künast und Gesine Schwan über Bildung
Das Streitgespräch blieb an diesem Dienstagabend im Alten Rathaus aus. Renate Künast und Gesine Schwan waren sich einig.
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Das Streitgespräch blieb an diesem Dienstagabend im Alten Rathaus aus. Renate Künast und Gesine Schwan waren sich einig. Das betraf nicht nur ihren Kleidergeschmack, sondern auch das Thema Bildung. Die eine kam als Bundesministerin für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft für die Grünen, die andere als Universitätspräsidentin und Hochschullehrerin. Eine Debatte über die Zukunft des hohen Gutes Bildung war versprochen. Doch ging es weniger um Machbares bei leeren Kassen, als um Visionen. Künast und Schwan, beide in prachtvoll roten, fast identischen Blazern, dazwischen Elisabeth von Thadden, Redakteurin der Wochenzeitung „Die Zeit“, die an diesem Abend moderieren sollte, doch oftmals mehr referierte. Die Pisa-Studie als altbewährtes Schreckgespenst vorangestellt, ging es um eine zukunftsfähige Bildungspolitik in diesem Lande. Nach einem kurzen privaten Rückblick auf die eigene Schulzeit – Künast musste sich ihren Bildungsweg hart erarbeiten, Schwan dagegen genoss in einem musisch geprägten Elternhaus die Vorzüge einer humanistischen Schulausbildung – machten sich die drei Frauen an die Bestandsaufnahme. Zu sehr sei man an deutschen Schulen noch auf reines Faktenpauken konzentriert. „333 vor Issus Keilerei", mit diesem Merksatz glänzte Künast und musste gleich relativieren, dass sie sich an diesen Satz zwar erinnere, doch wer da wen verprügelte, das wisse sie nicht mehr. Dass Alexander der Große 333 vor Christus dem Perserkönig Darius III. bei Issus Saures gab, dies zu wissen, genügt heute nicht mehr. Potenziale wecken, Teamarbeit lehren, nicht das Herunterrasseln von Zahlen, sondern Zusammenhänge vermitteln, so wünschen sich Künast, Schwan und von Thadden die Schulen der Zukunft. Es sei nicht wichtig, was Kinder wissen, sondern wie sie sich bestimmtes Wissen aneignen, sagte Künast. Die Förderung der sozialen Kompetenz, die aus Schülern erst starke Persönlichkeiten mache, müsse im Vordergrund stehen, forderte Schwan. Denn heute, wo die Zukunft weniger vorhersehbar ist, seien starke Persönlichkeiten das größte Potenzial der Gesellschaft. Trotz steigender Scheidungsraten und unflexiblen Arbeitszeiten müsse das Miteinander in den Familien, neben einer vielseitigen Bildung, besonders gefördert werden. Das gemeinsame, tägliche Essen in der Familie, hier sprach Renate Künast nicht vordergründig als Ernährungsministerin, sei auch Erlebnis und Ort des Gesprächs. Auch Gesine Schwan plädierte für eine stärkere Unterstützung der Familien. Nur wenn sich gleichwertig auf Schule und Familie konzentriert werde, könne man mit Erfolgen rechnen. Für Fragen aus dem Publikum blieb dann kaum noch Zeit. Elisabeth von Thadden, wohnhaft in Hamburg, verwaltete rigoros die Zeit. Sie müsse ihren Zug kriegen, entschuldigte sie sich. Als Mutter von zwei Kindern habe sie Verpflichtungen. Ein Argument, das an diesem Abend nur auf Zustimmung traf.
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