Von Michael Meyer: Wenig Zeit für die Liebe
Fanny Fischer und Ronald Rauhe sind ein Paar und paddeln nun um die EM- und WM-Fahrkarten
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Sie sind nun auch offiziell ein Liebespaar und mit ihrem Bekenntnis dazu am späten Sonntagabend im RBB-Fernsehen zu einem neuen Traumpaar des deutschen Sports geworden, doch im Trainingslager in Kienbaum haben Fanny Fischer und Ronald Rauhe nur wenig Zeit für ihre Liebe. Die beiden Kanuten des KC im OSC Potsdam bereiteten sich seit Pfingstsonntag in Ostbrandenburg auf den 2. Weltcup der Rennkanuten ab Freitag in Duisburg vor, bei dem es um die Tickets zu den diesjährigen Europameisterschaften Anfang Juli im spanischen Trasona geht. Gleich acht Potsdamer Paddler wollen sich jetzt auf der Wedau für die EM und damit auch schon für die Weltmeisterschaften im August in Poznan empfehlen: Katrin Wagner und Franziska Weber, Tim Wieskötter und Sebastian Brendel, Ronald Verch und Stefan Kiraj – und eben Fanny Fischer und Ronald Rauhe.
Wann genau es zwischen den beiden Olympiasiegern gefunkt hat, kann Fanny Fischer nicht erklärten. „Ein richtiges Datum haben wir nicht“, so die 23-Jährige. „Es war einfach so ein fließender Übergang. Wir haben in den letzten ein, zwei Jahren viel Zeit miteinander verbracht, und dann hat es sich einfach so ergeben.“ Auch ihr Freund sieht die Sache eher nüchtern als romantisch: „Man verbringt viel Zeit miteinander und lernt sich natürlich sehr gut kennen. Und da kommt es unter Umständen einfach vor.“ Ob im heimischen Luftschiffhafen, in Trainingslagern oder bei Wettkämpfen – Fischer und Rauhe gehen nicht nur privat, sondern auch sportlich den gleichen Weg, der ein gemeinsames Ziel hat: die Olympischen Spiele 2012 in London. „Da hilft es natürlich, wenn der Partner durch seine eigenen Erfahrungen genau weiß, worauf es einem ankommt“, erzählte Fanny Fischer gestern in Kienbaum. „Wobei wir beide professionell genug sind, deutlich zwischen privat und sportlich zu unterscheiden.“ Was Ronny Rauhe unterstrich: „Sicher ist es optimal, wenn man sich gut in den anderen hineinversetzen kann. Aber mit Blick auf die sportlichen Saisonhöhepunkte müssen wir beide jeweils unser Ding machen – und das tun wir auch.“
Fanny Fischer will es in dieser Saison erstmals international im Einerkajak wissen und sich über 200 Meter für die EM qualifizieren. Um das zu schaffen, wird sich die Sportsoldatin beim jetzigen Weltcup gegen die in Potsdam lebende Nicole Reinhardt vom WSV Lampertheim durchsetzen müssen, die in Duisburg in der ersten nationalen Qualifikation Mitte April über 250 Meter die Nase vorn hatte und bei Fischers 200-Meter-Sieg bei den Deutschen Meisterschaften Anfang Mai verletzungsbedingt fehlte. „Das wird sicher ein ganz knappes Rennen, in dem die Tagesform eine entscheidende Rolle spielen wird“, glaubt die Potsdamerin, die außerdem mit dem deutschen Viererkajak und der Viermal-200-Meter-Staffel an den Weltcup-Start gehen wird. Ihre Erfolge in der Vergangenheit hatte sie gemeinsam mit Reinhardt im Zweier- und Viererkajak erkämpft. „Das ist für uns beide eine ganz neue Situation“, weiß sie. „Da müssen wir jetzt mal für 40 Sekunden unsere Freundschaft beiseitepacken und gegeneinander fahren.“ Den Viererkajak wird Fischer unter anderem mit Klubkameradin Katrin Wagner-Augustin paddeln, die außerdem im Einer über 500 Meter gegen Reinhardt antritt und meint: „Vielleicht bin ich da nicht die Schnellste, aber ich schätze mich als die mental Stärkere ein.“
Auch Ronald Rauhe hat als amtierender 200-Meter-Weltmeister das EM- und WM-Ticket 2010 noch nicht sicher in der Tasche – der 28-jährige Student muss es sich in Duisburg nun gegen den Essener Jonas Ems erkämpfen, der vor ihm Deutscher Meister wurde, beim ersten Weltcup im französischen Vichy aber hinter ihm auf Platz zwei landete. „Wir haben jetzt so oft gegeneinander trainiert, dass es für den Kopf schon ganz schön anstrengend ist, und wissen beide, dass es ein ganz enges Rennen werden wird, in dem ich hoffentlich die Bootsspitze vorn haben wer- de“, meint der Potsdamer, der auch für die Staffel vorgesehen ist. „Das wird eine ganz heiße Kiste. Da kann man noch so fit sein – wenn ein Schlag nicht passt, ist man schon hinten.“
Das gilt im Sprint der Canadier auch für Nationalmannschafts-Neuling Stefan Kiraj, der sich im 200-Meter-C1 gegen den Essener Stefan Holtz durchsetzen muss. „Das wird sicher sehr spannend, denn wir haben derzeit in etwa das gleiche Niveau“, erklärte der 21-Jährige, der außerdem in der Staffel unter anderem mit Sebastian Brendel antritt. Brendel, der amtierende dreifache Deutsche Meister, startet vorher schon im C1 über 500 und 1000 Meter. „Ich bin fit und hoffe, diesmal über 500 Meter besser zu sein als beim Weltcup in Vichy, wo ich Fünfter wurde“, erklärte er. „Mein Hauptaugenmerk liegt in diesem Jahr aber auf den 1000 Metern.“ Auf denen wird der Potsdamer von seinem Klubkameraden Ronald Verch geprüft, der außerdem den Zweiercanadier über 500 Meter mit dem Neubrandenburger Erik Rebstock paddeln wird.
Ebenfalls auf der langen Strecke unterwegs sein werden auf der Wedau Franziska Weber und Tim Wieskötter vom KCP. Ob Weber neben dem 1000-Meter-Einer auch den Zweierkajak über 500 Meter mit Friederike Leue fährt, hängt noch vom Gesundheitszustand der Essenerin ab. Wieskötter will im Viererkajak mit den Berlinern Marcus Groß, Norman Bröckl und Hendrik Bertz den Weltcup- Sieg von Vichy wiederholen. Der 31-Jährige ist schon länger mit Nicole Reinhardt ein Paar und weiß genau, wie gut die Liebe auch dem sportlichen Werdegang Fanny Fischers und Ronald Rauhes tun kann.
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