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Landeshauptstadt: Wenn aus Musik Lärm wird

Schallgutachten für Kulturstandorte: In Innenstadt und Volkspark Konzerte nur per Ausnahmegenehmigung

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Schallgutachten für Kulturstandorte: In Innenstadt und Volkspark Konzerte nur per Ausnahmegenehmigung Kulturveranstaltungen in der Potsdamer Innenstadt und im Volkspark sind nicht ohne Überschreiten der Lärm-Richtwerte laut Emissionsschutzgesetz durchführbar. Das ist das Ergebnis eines Gutachtens der Ingenieurgesellschaft Hoffmann/Leichter aus Falkensee, das Ilona Hönes und Klaus-Dieter Bolze vom Fachbereich Umwelt und Natur gestern vor Journalisten vorstellten. Bolze zufolge sei der Verwaltung in der Vergangenheit vorgeworfen worden, sie habe Veranstaltungen wegen des zu erwartenden Lärmpegels „aus Lust und Laune“ verboten. Mit dem nun vorliegenden Gutachten könnten Verbote oder Auflagen zum Lärmschutz auf objektivierter Grundlage ausgesprochen werden. Zudem könnten mit den detaillierten Schalldaten peinliche Pannen wie die akustische Überlagerung von Musikfestspielen Sanssouci (Orangerie) und „Rocky Horror Picture Show“ (Volkspark), wie im Jahr 2003 geschehen, künftig vermieden werden. Wie Ilona Hönes erklärte, können trotz der Überschreitung der Lärmrichtlinien in der Innenstadt und im Volkspark bis zu zehn Schall-intensive Veranstaltungen im Jahr pro Standort per Ausnahmegenehmigung und mit Auflagen als „seltenes Störereignis“ genehmigt werden. Rechtliche Grundlage für die Abweichung vom Emissionsschutzgesetz ist die so genannte Freizeitlärmrichtlinie. Das Emissionsschutzgesetz schreibt vor, dass der Lärmpegel zehn Meter vor dem geöffneten Fenster des von der Kulturveranstaltung nächst liegenden Wohnhauses den Wert von 65 Dezibel nicht überschreiten darf. Die Gutachter haben an folgenden Standorten die Lärmausbreitung gemessen: Lustgarten, Neuer Markt, Brandenburger Straße, Luisenplatz, Hafen einschließlich Theaterschiff und Volkspark. Festgestellt wurde, dass zwischen den Wällen des Parks, da sie laut Ilona Hönes „wie Schallschutzwände“ wirken, ein guter Ort für eine Musikveranstaltung sei. Hätte aber das Salsafest am Wasserspielplatz des Volksparkes zwischen den Wällen stattgefunden, „wäre das ganze Flair hinüber gewesen“. Der Lindenpark und die Schiffbauergasse (Waschhaus) seien nicht in die Messungen des Gutachtens miteinbezogen worden, weil es dort nur wenige Beschwerden und gut funktionierende Absprachen für jeweils vier Ausnahmegenehmigungen pro Jahr gebe. Zu den Auflagen können nicht nur technische Geräte zur Limitierung der Lautsprecher auf vorgegebene Schallwerte oder die Errichtung von Lärmschutzwänden gehören. Auch könne bei Konzerten eine optimierte Aufstellung von mehreren Lautsprechern kleinerer Leistung lärmmindernde Effekte haben. Bolze zufolge werde viel Unmut bei Anwohnern dadurch vermieden, dass sie vorab von dem Konzert informiert werden. Das laufe nach dem Motto „wenn ich gewusst hätte, dass ihr den Bär steppen lassen wollt, hätte ich meinen Spreewald-Ausflug vorverlegt“, so Bolze. Das Gutachten mache auch Angaben darüber, wie weit und wohin der Schall trägt und wer demzufolge überhaupt ein betroffener Anwohner sein könnte. So hätten sich Anwohner des Glienicker Horns über Geräuschbelästigungen von der Schiffbauergasse beschwert – über der Wasseroberfläche überträgt sich der Schall weiter. Trotz des Schall-Managements mittels der Gutachtendaten könnte es in diesem Sommer dennoch laut werden in der Stadt. Politische Veranstaltungen fallen nicht unter das Emissionsschutzgesetz. Auf Wahlkampfveranstaltungen von Parteien im Vorfeld der möglichen Bundestagswahl am 18. September dürfen Rockgruppen für was auch immer in die E-Gitarrensaiten greifen, ohne befürchten zu müssen, dass ihnen die Verwaltung den Stecker aus der Dose zieht.

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