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Landeshauptstadt: Wenn die Frau einen Anzug heiratet „Aktion eine Welt“

an der Kollwitz-Schule

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an der Kollwitz-Schule Brandenburger Vorstadt - „Welche Eindrücke bekommt ein Ostafrikaner, wenn er nach Deutschland kommt?“ Diese Frage stellt Karl Hildebrandt an diesem Dienstagvormittag den Schülern der Klasse 10 b der Käthe-Kollwitz-Realschule. Hektik, wenig Natur, Verschlossenheit, weniger Kinder und unterschiedliche Kleidung. So lauten einige der Antworten der Schüler. Karl Hildebrandt ist Lehrer an einer Privatschule und engagiert sich im „Aktionsladen Eine Welt“ in der Gutenbergstraße. Der hat zusammen mit dem Babelsberger Weltladen „Solidario“ das Bildungsprogramm „Aktion eine Welt“ ins Leben gerufen. Seit Anfang 2003 gehen die fünf ehrenamtlichen Helfer dieses Programms an Potsdamer Schulen und referieren an Projekttagen oder in Gesprächsrunden über entwicklungspolitische Themen und den Fairen Handel. Aber wie hängen die Eindrücke eines Ostafrikaners mit dem Eine-Welt-Gedanken zusammen? „Der Faire Handel soll den Schülern greifbar näher gebracht werden“, erklärt Hildebrand. „Die Schüler sollen die Zusammenhänge begreifen und für entwicklungspolitische Themen sensibilisiert werden.“ Dazu arbeitet der 30-Jährige mit dem Buch „Die Forschungsreise des Afrikaners Lukanga Mukara ins innerste Deutschland“. Dieses Buch wurde bereits vor rund 90 Jahren vom Deutschen Hans Paasche veröffentlicht, der während der Kolonialzeit als Marineoffizier ins damalige Ostafrika kam. Dort lernte er den Eingeborenen Lukanga Mukara kennen, aus dessen Sicht Paasche die Verhältnisse in Deutschland aufschrieb. Beim Lesen des Buchs stellt man fest, dass die Ansichten der Potsdamer Schüler schon vor 90 Jahren existierten. Lukanga Makara schildert die Eile der Deutschen, wie sie versuchen, ihr Glück zu finden, indem sie nach immer mehr Geld streben. Lukanga kann dies nicht nachvollziehen, bezahlt man in Ostafrika doch mit Rindern und Ziegen und nicht mit Papier und Metallstückchen. Auch die Kleidung findet Lukanga merkwürdig. Anzüge ließen alle Menschen gleich aussehen, so dass Frauen nicht einen Mann, sondern einen Anzug heirateten. Karl Hildebrandt findet das Buch sehr passend, da es nicht den „moralischen Zeigefinger“ auf die Menschen richte. Kritisch sind die Schüler der 10 b selbst. Rechtsextremismus, Arbeitslosigkeit und die Unfähigkeit der Regierung im eigenen Land werden beklagt. Karl Hildebrandt hat sein Ziel erreicht: Die Schüler für mindestens zwei Stunden zum Nachdenken anzuregen. Nicola Petri

Nicola Petri

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