Homepage: Wenn die Worte fehlen Sonntagsvorlesung über Folgen des Schlaganfalls
Viele trifft es unerwartet wie ein Blitz. Mehr als 200 000 Menschen im Jahr erleiden in Deutschland einen Schlaganfall.
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Viele trifft es unerwartet wie ein Blitz. Mehr als 200 000 Menschen im Jahr erleiden in Deutschland einen Schlaganfall. Manchmal ist es nur eine winzige Arterie die sich verstopft, wenn es in bestimmten Hirnbereichen zu Durchblutungsstörungen kommt. Den Gehirnzellen wird damit die notwendige Sauerstoffzufuhr gekappt und die betroffenen Areale lahmgelegt. Manche überleben den Schlaganfall nicht oder behalten akute Schäden zurück, bleiben teilweise gelähmt oder blind. Die häufigste Diagnose lautet jedoch Aphasie. „Wird das Sprachzentrum in der linken Hirnhälfte beschädigt, kann der Patient nicht mehr richtig sprechen“, erklärte Prof. Dr. Ria de Bleser vom Potsdamer Institut für Linguistik vergangenen Sonntag im Alten Rathaus. „Neuere Tendenzen in der Erforschung von Sprachstörungen nach einem Schlaganfall“, so das Thema der Sonntagsvorlesung „Potsdamer Köpfe“, dem sich die Professorin gekonnt sensibel näherte. Ein Defekt, an dem in Deutschland insgesamt etwa 80 000 Menschen leiden. Den etwa 35 Zuhörern, darunter auch einige Schlaganfallpatienten, schien die Problematik nahe zu gehen. „Ein Mensch, der nicht mehr in der Lage ist mit seinen Mitmenschen zu reden, kann oft nicht mehr seinem Beruf nachgehen oder Freundschaften pflegen“, so de Bleser. Schon kurz nach dem Schlaganfall sollten deshalb die ersten therapeutischen Übungen beginnen. Leicht sei es selten, denn Aphasien sind vielseitig, das Finden der richtigen Form ein langwieriger Prozess. „Verlangsamtes Sprechen, undeutliche Artikulation oder Schwierigkeiten beim Finden der richtigen Worte. Worte, die einem auf der Zunge zu liegen scheinen“, erläuterte de Bläser verschiedene Krankheitsbilder. Stück für Stück, ähnlich einem Puzzle, würden die verschiedenen Hirnbereiche die noch funktionieren durch gezielte sprachliche Übungen gesucht. „Wenn jemand etwa Wörter in einem Satz durcheinander würfelt, ist der Sprechfluss sehr gut erhalten, nur mit der Koordination stimmt es nicht mehr“, sagte de Bleser. Daran könne man dann arbeiten. „Eine andere und noch sehr neue Forschungsmöglichkeit ist es die Gehirnaktivitäten zu bestimmen“, sagte sie. Beim so genannten bildgebenden Verfahren werde die Durchblutung in bestimmten Gehirnregionen während eines Denkprozesses gemessen. „Das heißt aber nicht, dass die Patienten in eine Röhre geschoben werden und sprechend wieder herauskommen“, so Ria de Bleser. Man wolle dann eher feststellen, ob sich die Sprachfähigkeit eines Patienten eventuell wieder verbessert, weil gesunde Areale im Gehirn die Aufgaben der geschädigten übernehmen. Eventuell könne man dann auch vorhersagen, bei welchem Patienten sich die Behandlung überhaupt lohne oder schon im Vorfeld aussichtslos scheint. Ganz wohl war der Professorin bei dieser Vorstellung aber nicht. Die Krankenkassen werde das Verfahren aber interessieren: „Es ist schließlich auch alles eine Frage der Geldes.“ Marion Schulz
Marion Schulz
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