Sport: „Wenn erstmal der Wurm drin steckt“ Turbine Potsdams Torfrau Nadine Angerer zur momentanen Situation beim Deutschen Meister
Durch ein 0:3 am Mittwochabend im Hinspiel bei Bröndby IF droht dem Deutschen Frauenfußball-Meister FFC Turbine Potsdam schon im Viertelfinale des UEFA Women’s Cup das „Aus“ (PNN berichteten). Drei oder mehr Gegentore musste Potsdams Torfrau Nadine Angerer letztmals in den Europacup-Endspielen der vergangenen Saison gegen den FFC Frankfurt einstecken (0:4, 2:3).
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Durch ein 0:3 am Mittwochabend im Hinspiel bei Bröndby IF droht dem Deutschen Frauenfußball-Meister FFC Turbine Potsdam schon im Viertelfinale des UEFA Women’s Cup das „Aus“ (PNN berichteten). Drei oder mehr Gegentore musste Potsdams Torfrau Nadine Angerer letztmals in den Europacup-Endspielen der vergangenen Saison gegen den FFC Frankfurt einstecken (0:4, 2:3).
Wie haben Sie nach dieser Niederlage geschlafen, Nadine Angerer?
Natürlich schlechter als nach einem Sieg. Aber von den drei Gegentoren habe ich in der letzten Nacht nicht geträumt.
Und wie fühlten Sie sich am Mittwochabend nach dem Abpfiff?
Alles andere als gut. In der letzten Saison habe ich zwar auch schon so viele Gegentore kassiert, aber das tröstet nicht.
Warum hat Ihre Mannschaft im Bröndby- Stadion so hoch verloren?
Gute Frage. Die Däninnen haben in den ersten 20 Minuten viel Druck aufgebaut, ehe wir besser gegenhalten konnten. Es war ja nicht so, dass wir keine Chancen hatten, im Gegenteil. Aber wir konnten sie mal wieder nicht nutzen. Wenn erst mal der Wurm drin ist, ist er drin...
Hat Turbine am kommenden Mittwoch zu Hause noch die Chance aufs Halbfinale?
Wir müssten schon einen Supertag erwischen und mehrere Glücksgötter auf unserer Seite haben. Aber im Fußball ist nichts unmöglich, das haben wir in der letzten Saison gemerkt, als wir im UEFA-Cup gegen Djurgarden auch drei Gegentore bekamen und auswärts trotzdem noch den Einzug ins Finale schafften. Ein Spiel wie das 5:2 dort ist noch in unseren Köpfen und momentan auch ein gewisser Mutmacher.
Ihr Trainer Bernd Schröder sprach nach der Partie in Bröndby von einem kollektiven Versagen Turbines. Schließen Sie sich da ein?
Natürlich, wir hatten alle unseren Anteil an dieser Niederlage. Warum sollte ich mich da ausklammern?
War eines der Gegentore am Mittwochabend aus Ihrer eigenen Sicht haltbar?
Ja, das erste. Ich hatte schon das Gefühl, den Ball sicher zu haben, und kann nicht mal mehr genau sagen, wie er doch noch ins Tor ging.
Blendet man gleich nach einem solchen Treffer alle Gedanken daran aus?
Nein, nach einem Gegentor braucht man immer eine gewisse Zeit, um das zu verkraften, und überlegt in den folgenden Situationen meist zweimal, um nicht ein weiteres Tor zu kassieren.
Je fünf Gegentore in den ersten drei Bundesligaspielen und den bisherigen vier Europacup-Begegnungen dieser Saison – wird Turbine zur Schießbude?
Das glaube ich nicht. Jeder von uns ist bemüht, aber bei uns fehlt zur Zeit die Harmonie, jeder ist zu sehr mit sich selbst beschäftigt. Vom Torwart bis zum Sturm müssen alle wieder untereinander besser harmonieren.
Steckt Turbine in einer Krise?
Na klar, das ist ja offensichtlich. Aber jeder große Verein – ob nun bei den Männern oder Frauen – hat mal eine solche Phase. Da müssen wir zusammen wieder rauskommen.
Und wie?
Wir müssen uns finden, egal wie. Erfolgserlebnisse können dabei sehr helfen.
Kann der Umbau Ihrer Mannschaft nicht gestemmt werden?
So ein Umbau ist nie einfach. Wir haben eine ganze Reihe junger Spielerinnen, die Super-Talente sind und nicht umsonst auch in diversen Auswahlmannschaften spielen. Aber wenn man keine Zeit hat, sich für die Saison richtig einzuspielen, kann so eine Situation wie jetzt passieren. Da müssen wir durch.
Was können gestandene Fußballerinnen wie Sie dafür tun?
Wir sprechen viel mit den jungen Spielerinnen. Wobei es nicht nur Streicheleinheiten gibt. Wenn nötig, geht es auch etwas rauer zu. Man muss einen Mittelweg zwischen Zuckerbrot und Peitsche finden. Aber hexen kann niemand von uns.
Trainer Schröder erklärte, es könne durchaus sein, dass Turbine zu Weihnachten nichts mehr in der Hand hat. Befürchten Sie in diesem Fall Unruhe im Vereinsumfeld?
Ich hoffe erst einmal, dass dieser Fall nicht eintrifft. Die Gefahr besteht aber natürlich, und dann wünsche ich mir, dass das Umfeld weiter hinter uns steht. Wir haben jetzt drei Jahre Superfußball gespielt und werden das auch wieder tun. Deshalb brauchen wir jetzt auch die Unterstützung von außen.
Das Interview führte Michael Meyer
Nadine Angerer (27) ist seit 2001 Bundesliga-Torhüterin des 1. FFC Turbine Potsdam. Für die A-Nationalmannschaft bestritt die Fränkin seit 1996 bisher 41 Länderspiele.
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