
© Andreas Klaer
Landeshauptstadt: Wer hat das beste Brot der Stadt?
Zertifizierter Brot-Prüfer testet Brote und Weihnachtsstollen von acht Potsdamer Bäckereien
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Der Duft, der einem aus dem Raum im Oberstufenzentrum „Johanna Just“ entgegenströmt, ist gänzlich untypisch für eine Schule. Es riecht süßlich und nach Hefe – der typische Duft einer Bäckerei. Und mitten im Raum, umgeben von kistenweise Brote und Stollen sitzt Wolfgang Weber, zertifizierter Brot-Prüfer des Instituts für die Qualitätssicherung von Backwaren (IQBack) e.V., der gestern 40 Brote und neun Stollen der hiesigen Bäckereibetriebe unter die Lupe nahm.
„Zu viel Zucker, Glitsch und zu dunkel gebacken“, so sein Urteil, nachdem er einen Stollen eindringlich betrachtet und aufgeschnitten hatte. Der Glitsch ist der Fachausdruck für nicht ganz durchgebackenen Teig. „Die Kunden denken oft, dass dieser Glitsch im Stollen Marzipan sei, das stimmt aber nicht – trotzdem mögen es die Kunden gerne, wenn es etwas teigig ist“, erklärt der Geschäftsführer vom Bäcker- und Konditoren-Landesverband, Nikolaus Junker, der ebenfalls bei der Prüfung anwesend war. Für den zu testenden Stollen bedeutet das Urteil des Prüfers drei Punkte Abzug. Ein „Goldstück“ ist der Stollen nun nicht mehr. Nur bei voller Punktzahl in allen Prüfkriterien gibt es eine Goldmedaille, mit einem Punkt Abzug immerhin noch Silber. Ob Stollen oder Brote – alle von den Bäckereien eingereichten Backwaren werden nach sechs Prüfungskriterien getestet: Form und Aussehen, Oberfläche- und Krusteneigenschaft, Lockerung und Krumenbild, Struktur und Elastizität und natürlich das Wichtigste für den Verbraucher: Geruch und Geschmack. Jedes dieser Hauptkriterien unterteilt sich in viele Unterkriterien, wie zum Beispiel zu dunkle Kruste, rauhe Schnittfläche, teigig, wenig aromatisch, überwürzt, etc.
Während seines Testvorgehens erklärt Weber den angehenden Köchen des Oberstufenzentrums die Qualitätskriterien: „Das Brot atmet, deshalb wird für den Test nur einen Tag altes Brot genommen, erst dann entfalten sich alle Aromen.“ Besonders beim Testen des Geschmacks beschreibt er sehr genau sein Vorgehen:
„Zum Verkosten nehme ich nur die Krume nicht die Kruste, denn Kruste schmeckt immer und dann lasse ich die Krume auf der Zunge zergehen, speichel sie ein und versuche alle Geschmacksknospen zu erkennen“. Die Brot-Prüfer der IQBack besuchen regelmäßig Sensorik-Kurse und ab 65 Jahren ist dann aufgrund des nachlassenden Geschmackssinns auch Schluss mit dem Beruf. Weber wird nach 31 Jahren als Brotprüfer das nächste Jahr aufhören müssen.
„Das Lieblingsbrot der Potsdamer ist ein Roggen-Mischbrot mit hohem Roggen- und wenig Weizenanteil, vom Geschmack her schön kräftig“, so der Obermeister der Bäcker- und Konditoren-Innung Potsdam, Rolf-Michael Schmidtke, der dem Prüfer beim Testen assistiert. Er nimmt auch dieses Jahr mit seinen Backwaren an der Prüfung teil. Wenn er eine Goldmedaille bekomme, sei das schön, aber letzten Endes seien der Geschmack der Stammkunden entscheidend. Auch wenn bei der Prüfung keine Medaille rausspringt, so gibt es immerhin Hinweise des Prüfers zur Verbesserung der Qualität. Ob der Bäcker diese auch umsetzt, bleibt ihm überlassen.
Und wer hat nun das beste Brot in Potsdam? Nach mehrstündiger Prüfung bekamen 26 Brote und vier Stollen eine Gold-, zehn Brote und fünf Stollen eine Silbermedaille. Die Ergebnisse (Siegerbäckereien und -backwaren) sind laut Landesverbandschef Junker ab heute online verfügbar. Dann kann man die Sieger am besten gleich selbst testen.
Auf der Webseite www.brot-test.de sind die mit dem IQBack-Siegel versehenen Backwaren aufgelistet.
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