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Landeshauptstadt: „Wer outet sich schon gerne, wenn er Schulden hat?“

Anklage: Falsche Versicherung an Eides statt/Neun Monate Freiheitsstrafe auf Bewährung

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Anklage: Falsche Versicherung an Eides statt/Neun Monate Freiheitsstrafe auf Bewährung AUS DEM GERICHTSSAAL Von Gabriele Hohenstein Nein, so richtig ernst genommen habe er es nicht mit der Wahrheitspflicht, als er das Formular seiner eidesstattlichen Versicherung ausfüllte, bekennt Mario R. (34). Zwar habe ihm die Gerichtsvollzieherin erläutert, er müsse den Fragebogen nach bestem Wissen und Gewissen beantworten, doch über die Folgen kleiner Flunkereien oder bewusster Lügen habe sie ihn nicht aufgeklärt. Das mag man glauben oder auch nicht. Fakt ist, auf dem entsprechenden Dokument steht dick und fett gedruckt, dass Geld- oder Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren drohen können, werden die Fragen auf dem Vermögensverzeichnis nicht wahrheitsgemäß beantwortet. Laut Anklage soll der arbeitslose Maurer am 16. Oktober 2001 verneint haben, ein Auto zu besitzen, obwohl er den bejahrten Audi knapp zwei Jahre zuvor für 1500 Euro von einem Bekannten erworben hatte. „Es war ein Versehen“, nuschelt der Sozialhilfeempfänger. „Ich hatte den Wagen auch noch gar nicht vollständig bezahlt.“ So lange sollte er laut Kaufvertrag im Eigentum des vorherigen Besitzers verbleiben. „Allerdings stand er schon bei einem Kumpel in der Garage. Ich bin aber nicht damit gefahren, weil ich momentan sowieso keine Fahrerlaubnis habe“, erzählt der wegen zahlreicher Verkehrsdelikte, Urkundenfälschung sowie Betruges mehrfach Vorbestrafte. „Sie sind also davon ausgegangen, dass der Audi Ihnen noch gar nicht gehört?“, baut Amtsrichterin Kerstin Devriel dem Familienvater eine goldene Brücke. Mario R. überlegt kurz, nickt dann heftig. „Aber wieso haben Sie die Frage nach dem Kauf irgend welcher Gegenstände auf Raten verneint?“, wirft der Staatsanwalt harsch ein. „Aus Scham“, gesteht der Sozialhilfeempfänger. „Wer outet sich schon gerne, wenn er Schulden hat? Es ist nicht leicht für eine fünfköpfige Familie, mit dem bisschen Geld, das uns zur Verfügung steht, auszukommen.“ Könne man noch davon ausgehen, dass der Angeklagte sein Kreuzchen bei der Eigentumsfrage fahrlässig an die falsche Stelle setzte, habe er die Ratenzahlungsvereinbarung bewusst verschwiegen, betont der Sitzungsvertreter der Staatsanwaltschaft. Deshalb solle Mario R. wegen falscher Versicherung an Eides statt gemäß § 156 des Strafgesetzbuches eine Freiheitsstrafe von neun Monaten, ausgesetzt zu dreijähriger Bewährung, erhalten. Außerdem habe er 150 Stunden Sozialarbeit zu leisten. Das Gericht entscheidet ebenso.

Gabriele Hohenstein

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