Sport: Wer spät kommt, den belohnt das Leben
Claudia Hoffmann schafft mit Staffelrang Vier die zweitbeste Brandenburger Platzierung bei den Leichtathletik-Weltmeisterschaften
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Claudia Hoffmann schafft mit Staffelrang Vier die zweitbeste Brandenburger Platzierung bei den Leichtathletik-Weltmeisterschaften Von Klaus Weise Paris. Nicht immer stimmen Schlagworte, die von Medien oft überstrapaziert werden. Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben, heißt es da zum Beispiel mit einer Gorbatschow-Anleihe. Aber erstens hat in dieser Aussage das „zu“ entscheidende Bedeutung und zweitens kann derjenige, der spät kommt, auch durchaus vom Leben belohnt werden. So wie die 20-jährige 400-Meter-Läuferin Claudia Hoffmann vom SC Potsdam. Die Leichtathletik-Späteinsteigerin aus Nauen, die erst nach fünf Jahren Hockey auf die Tartanbahn wechselte, hatte sich erst im allerletzten Moment für die WM in Paris qualifiziert. Dort aber präsentierte sie sich als dritte Läuferin der 4x400-Meter-Staffel in prächtiger Form und wurde mit der Berlinerin Claudia Marx, Birgit Rockmeier aus Dortmund und der Magdeburgerin Grit Breuer WM-Vierte. Das war zum Abschluss die zweitbeste Brandenburger Platzierung beim Championat im Stade de France, nachdem zuvor Geher Andreas Erm (ebenfalls SC Potsdam)im 50-km-Wettbewerb Bronze gewonnen hatte. Insgesamt zeigte sich das Quartett aus dem Land des „roten Adlers“, das zum 62 Mann und Frau starken DLV-Aufgebot gehörte, anders als die Masse des Teams gut aufgelegt und vorbereitet. Denn auch die beiden Geherinnen Melanie Seeger und Sabine Zimmer (beide SC Potsdam) waren mit den Plätzen acht (und Deutschem Rekord) sowie 20 richtig gut bis manierlich dabei. Claudia Hoffmann überraschte mit ihren couragierten Auftritten in Vorlauf und Finale viele Beobachter und Journalisten, die die junge Athleten mit dem roten Haarschopf erstmals richtig wahrnahmen. Hätte die Berlinerin Claudia Marx, deutsche Jahresbeste und Meisterin, nicht völlig neben ihrer damaligen Form gelegen, wäre möglicherweise sogar noch mehr drin gewesen als die „Holzmedaille“. Schelte an der Startläuferin des Quartetts übte freilich keiner. „Wir laufen zusammen und gewinnen und verlieren auch zusammen“, meinte Claudia Hoffmann. Das schon nach der ersten Stadionrunde aufgerissene Loch allerdings konnten die folgenden Starterinnen nicht mehr wettmachen. „Wenn da mehr Tuchfühlung gewesen wäre, dann hätte man eventuell noch etwas machen können. Vor allem mit Grit am Schluss“, vermutete Hoffmann. „Aber Wunder sind im Sport nun mal nur schwer möglich.“ Dennoch hatte die erst vor wenigen Woche bei der U23-EM mit Staffel-Bronze und Einzelplatz 6 erfolgreiche Brandenburgerin keinerlei Grund unzufrieden zu sein. „Hätte mir einer vor ein paar Wochen gesagt, ich werde WM-Vierte in Paris, hätte ich wohl nur mit dem Finger an die Stirn getippt.“ So aber hat sie neben dem Top-Rang auch noch ein paar Dollar gewonnen, denn für den vierten Platz gibt es 16 000 US-Dollar Preisgeld für die Staffel. „Vor allem aber hatte ich ein großartiges Erlebnis, dass ich seit meiner Ankunft am Donnerstag in Paris Zug um Zug, Sekunde um Sekunde in vollen Zügen genossen habe.“ Als am Samstag der Vorlauf anstand, hatte Eunice Barber im Weitsprung gerade die erste Goldmedaille für Frankreich gewonnen. „Da war eine Stimmung im Stadion, dass ich die ganze Zeit einfach nur Gänsehaut hatte.“ Leider konnte keiner aus der Familie oder von den engen Freunden in Paris vor Ort sein, „das wäre noch schöner gewesen“. Die Mutter verfolgte alles daheim in Nauen am Fernseher, war aber so aufgeregt, dass sie live gar nicht hinsehen konnte, sondern Claudias Läufe per Videorecorder aufnahm und danach anguckte. Auch Trainer Frank Möller hatte einen ständigen Draht zu seinem Schützling. Per Handy und SMS lieferte er Tipps und gratulierte: „Gut gemacht!“ So gut, dass Claudia Hoffmann nun unbeschwert Urlaub machen kann. „Am Freitag bin ich noch bei der Eröffnung der neuen Leichtathletik-Halle in Potsdam, aber dann geht es ab.“ Mit Freundin Eileen Müller aus Magdeburg, mit der sie bei der U23-EM in der Staffel Bronze gewann, wird sie eine Last-Minute-Offerte aussuchen. „Mal sehen, was dabei herauskommt. Auf jeden Fall wird es lustig. Und Sportsachen nehmen wir ganz bestimmt nicht mit. Da wird total abgeschaltet.“
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