Homepage: Wie auf einem Truppenübungsplatz
Serie 20 Jahre FH-Potsdam: Die Hochschule feiert, aber ihr Rektor sieht die bauliche Entwicklung hinterherhinken
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In diesem Jahr begeht die Fachhochschule Potsdam ihr 20-jähriges Jubiläum. Die PNN lassen gemeinsam mit der FHP wichtige Erinnerungen aus diesen 20 Jahren wach werden.
Als ich 1996 an die Fachhochschule Potsdam berufen wurde, war die Grundsatzentscheidung zur Entwicklung des „Campus Fachhochschule“ auf dem Gelände im Bornstedter Feld bereits gefallen. Die ersten ehemaligen Mannschaftskasernen waren nach dem Abzug der russischen Truppen 1993 in der Rekordumbauzeit von einem halben Jahr zwischen November 1993 und April 1994 für den Studienbetrieb hergerichtet worden.
Der „militärische Geist“ auf dem Gelände war noch deutlich spürbar: Auf den langen Fluren schienen die marschierenden Stiefel nachzuhallen, als Labore und Werkstätten dienten ehemalige Panzerhallen, in denen es im Winter herrlich zog und im Sommer stickig warm war. Das Umfeld erinnerte eher an einen Truppenübungsplatz als an einen Hochschulcampus, hatte aber wunderbare Obstbäume. Die Aufbruchsstimmung und der Reiz des Provisorischen halfen darüber hinwegzusehen, dennoch hat es noch bis Dezember 2000 gedauert, bis der Grundstein für den ersten Neubau, das Labor- und Werkstattgebäude, gelegt wurde.
Weitere sechs Jahre dauerte es bis zur Grundsteinlegung des Hauptgebäudes mit Hörsälen, Mensa und Bibliothek. Mit der Einweihung des Hauptgebäudes im April 2009 hat der Campus endlich sein kommunikatives Zentrum gefunden. Dennoch gelten die Worte unseres Gründungsrektors Professor Helmut Knüppel aus dem Jahr 2000, dass „die bauliche Situation der Hochschule seit der Gründung nicht mit dem personellen und fachlichen Aufbau Schritt gehalten“ hat, fort.
Fachübergreifende Kooperationen als Quelle für Innovation, die Anschlussfähigkeit an die Gegebenheiten vor Ort, die einzigartige Bau- und Kulturlandschaft, der Wissenschafts-, Medien und Kulturstandort, die Funktionen als Landeshauptstadt sowie die Nähe zur Bundeshauptstadt kennzeichnen das Gründungskonzept der FH. Dieses sogenannte „Potsdamer Modell“ zieht sich wie ein roter Faden durch die nunmehr 20-jährige Geschichte der Hochschule, die als Neugründung ihren Studienbetrieb im Wintersemester 1991/92 mit 144 Studierenden und drei Professoren im Fachbereich Sozialwesen aufnahm.
Aktuell zählt die Hochschule 3100 Studierende in 22Studiengängen in den Fachbereichen Sozialwesen, Architektur und Städtebau, Bauingenieurwesen, Design und Informationswissenschaften und rund 100 Professorinnen und Professoren. Die Hochschule kann und will weiter wachsen. Seit ihrer Gründung übersteigt die Zahl der Bewerbungen deutlich die Zahl der Studienplätze, Tendenz steigend. Neue attraktive Studiengänge wie Kulturarbeit, Europäische Medienwissenschaft, Interfacedesign, Bildung und Erziehung in der Kindheit, Bauerhaltung und Bauforschung konnten eingeführt werden, die IuK-Technologien haben Eingang in die Curricula der Studiengänge Archiv, Bibliothek und Dokumentation gefunden, die Restaurierung konnte um die Studienrichtung Metallrestaurierung ergänzt werden. Die Kooperationsanfragen – von öffentlichen und privaten Institutionen und gerade auch von klein- und mittelständischen Unternehmen – übersteigen längst unsere Kapazitäten.
Dies alles zeigt, dass die FH auf dem richtigen Weg ist und es Anlass gibt, das 20-jährige Jubiläum der Hochschule zu feiern. Für falsch halten wir, wie alle anderen Hochschulen im Land, dagegen die Sparbeschlüsse der Landesregierung, die jetzt, da alle Hochschulen ausgelastet sind, die doppelten Abiturjahrgänge „vor der Tür“ stehen und durch die Aussetzung der Wehrpflicht weitere Nachfrage entsteht, zur Unzeit kommen. Wir laufen Gefahr, die jungen Leute als hochqualifizierte Fachkräfte für immer zu verlieren.
Für uns als FH, die jahrelang mit der Begründung „ihr seid auch mit unzureichenden Bauten attraktiv“ baulich hintenangestellt wurde, ist die Aussicht, dass die Landesrücklagen aus dem Hochschulbau zur Haushaltskonsolidierung herangezogen werden, nicht akzeptabel. Für unser Konzept von Hochschule müssen die Studierenden und Professuren im Sozialwesen und in den Informationswissenschaften, die seit Jahren in der maroden Friedrich-Ebert-Straße ausharren und jetzt dem Schlossbau als Zaungäste beiwohnen dürfen, dringend zum Campus Pappelallee umziehen, denn im Landtags-Schloss wird für sie wohl kein Platz sein.
Trotz und wegen aller Erfolge der Vergangenheit sind wir überzeugt, dass die Zukunft der Hochschule nicht hinter, sondern vor uns liegt – die Zukunft in einer interdisziplinär und international lehrenden und forschenden, regional sichtbaren und wirksamen, von der Gesellschaft und Politik wertgeschätzten – und irgendwann wenigstens auskömmlich finanzierten – brandenburgischen Wissenschafts- und Hochschullandschaft.
Der Autor ist Rektor der Fachhochschule Potsdam. Die Festwoche zu „20 Jahren FH-Potsdam“ beginnt am Mittwoch, 16. November. Weitere Infos im Internet unter http://20jahre.fh-potsdam.de/
Johannes Vielhaber
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