Landeshauptstadt: Wie die PDS ihre Zugpferde inszeniert Jubel für Lafontaine und Gysi in Potsdam – Protestler mussten draußen bleiben
Innenstadt - Da kennt die Linkspartei kein Pardon. Die zwölf jungen Leute von der SPD-Jugendorganisation, die mit ihren weißen Luftballons und Slogans wie „Luftblasen - Programm der PDS“ gegen den früheren SPD-Bundesvorsitzenden und die neue „Linke“ protestieren wollen, dürfen den Bassinplatz gar nicht erst betreten.
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Innenstadt - Da kennt die Linkspartei kein Pardon. Die zwölf jungen Leute von der SPD-Jugendorganisation, die mit ihren weißen Luftballons und Slogans wie „Luftblasen - Programm der PDS“ gegen den früheren SPD-Bundesvorsitzenden und die neue „Linke“ protestieren wollen, dürfen den Bassinplatz gar nicht erst betreten. PDS-Ordner verwehren dem Grüppchen den Zutritt. Die PDS, die selbst regelmäßig ungehindert auf Kundgebungen anderer Parteien protestieren darf, macht tatsächlich von ihrem Hausrecht als Veranstalter Gebrauch – ein Novum in diesem Wahlkampf. „Die müssen ja wirklich Angst haben“, sagt einer der jungen Leute. Aber nichts soll die perfekte Inszenierung stören, den Auftritt der beiden Zugpferde der Linkspartei in Potsdam: Oskar Lafontaine (WASG) und Gregor Gysi (Die Linke). Bis zu 2000 Menschen sind es, so schätzt die Partei, die am Sonnabendnachmittag zum Bassinplatz gekommen sind, um die beiden Spitzenkandidaten reden zu hören – in brütender Hitze. Lafontaine, in Weste und mit zusammengekniffenen Augen, zieht alle rhetorischen Register: Hartz IV, Rentenklau, liberale Wirtschaft – Lafontaine erzählt nichts Neues, aber das in einfacher Sprache. Sehr, sehr einfacher deutscher Sprache. „Die Geburtenrate eines Volkes ist das Urteil eines Volkes über die Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik seiner Regierung. Wenn wir die niedrigste Geburtenrate in Europa haben, dann haben wir auch die schlechteste Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik.“ Dass höherer Wohlstand nicht automatisch zu mehr Kindern führt, sagt Oskar Lafontaine nicht. Nein, er legt sogar noch nach: An diesen „Fehlentwicklungen in unserem Volk“ seien Schröder, Merkel, ja all die „Altparteien“ schuld, wie er sie nennt. Den Genossen sind solche Feinheiten egal. Ein älterer Herr springt in jeder sekundenkurzen Verschnaufpause auf und skandiert: „Oskar, Oskar!“, später auch „Wir lieben dich!“. Es wird auch gelacht, wenn Lafontaine im Plauderton erzählt: „Wenn Merkel Kanzlerin wird, ändert sich doch nicht die Politik, sondern nur die Frisur, im Vergleich zu Schröder.“ Bravorufe werden laut, als er das Scheitern der europäischen Verfassung in Frankreich als Geburtsstunde einer europäischen Linken bezeichnet – und damit sein Comeback erklärt. Oskar Lafontaine bedient jedes Thema, unterfüttert seine Rede mit Zitaten großer Sozialisten und Kommunisten. Willy Brandt für die Antikriegspolitik, Karl Marx für die Kapitalismuskritik. Lafontaine, der sich als „Luxuslinker“ und wegen seiner Fremdarbeiter-Äußerungen als „Nationalist“ kritisieren lassen musste, genießt sichtlich den Zuspruch der Potsdamer. Auch Gregor Gysi, da ist Lafontaine längst weiter auf dem Weg nach Strausberg, nimmt ihn in Schutz: „Klar ist er ein Besserverdienender, aber um Linker zu sein, muss man nicht arm sein. Man muss gegen Armut sein.“ Der PDS-Stadtfraktionschef und Landtagsabgeordnete Hans-Jürgen Scharfenberg hat sich unter die Zuhörer gemischt, klatscht und lächelt. Zum Schluss wirbt Gregor Gysi eindringlich für Rolf Kutzmutz, der die Erststimmen für den Wiedereinzug in den Bundestag braucht, weil ihm seine Partei keinen Platz auf der Landesliste gab. Rolf Kutzmutz, den selbst politische Gegner für den „nettesten PDS-Politiker Potsdams“ halten, hatte seine Rede mit sehr nachdenklichen Worten geschlossen: „Wenn wir Wärme in der Gesellschaft wollen, müssen wir persönlich bereit sein, Wärme zu geben.“ thm/Pst
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