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Pflanze des Monats: Der Pfauen-Moosfarn kann türkisblau schimmern
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Im Botanischen Garten der Uni Potsdam wachsen exotische und heimische Pflanzen. In den PNN stellt Kustos Michael Burkart jeden Monat eine von ihnen vor.
Weltweit gibt es über 700 Arten von Moosfarnen, die meisten in den feuchten Tropen. Der deutsche Name ist irreführend, da es sich weder um Moose noch um Farne handelt, sondern um eine eigenständige Gruppe, die zu den Bärlappartigen gehört. Mit den Farnen wie mit den Moosen verbindet sie zwar die Vermehrung durch Sporen, die sich im Detail aber deutlich unterscheidet. Auch Blätter und Stängel folgen ganz eigenen Bauplänen. Nur in der Größe liegen die Moosfarne tatsächlich zwischen Moosen und Farnen.
Hier gibt es allerdings Ausnahmen: Der Pfauen-Moosfarn (Selaginella willdenowii) ist eine Schlingpflanze mit meterlangen Trieben. Der wissenschaftliche Name ehrt Karl Ludwig Willdenow, Leiter des Berliner Botanischen Gartens bis zu seinem Tode 1812, erster Botanik-Professor der Berliner Universität und Botanik-Lehrer Alexander von Humboldts. Der deutsche Name bezieht sich dagegen auf eine besondere Eigenschaft der Blätter: Sie können türkisblau irisieren und erinnern so ein wenig an das Gefieder eines Pfaus. Besonders im tiefen Schatten gewachsene, junge Blätter zeigen diese Eigenschaft, die sich mit dem Alter verliert.
Der Effekt entsteht durch eine besondere Eigenschaft der Blattoberseite. Hier befindet sich, wie bei den meisten Landpflanzen, eine wasserabweisende Auflage auf den Zellen, Cuticula genannt. Sie ist beim Pfauen-Moosfarn im Nanometerbereich geschichtet. Die jeweils an den Schichtgrenzen reflektierten Lichtwellen überlagern sich, wobei sie sich je nach Wellenlänge abschwächen oder verstärken. Diese sogenannte Dünnschicht-Interferenz bewirkt in der Summe den türkisblauen Schimmer.
Die blau schimmernden Blätter fanden zunächst kein wissenschaftliches Interesse. Erst 1896, rund 80 Jahre nach der Entdeckung der Pflanze in den Tropenwäldern Südostasiens, vermutete der Botaniker Ernst Stahl blaue Pigmente als Ursache. 75 weitere Jahre vergingen, bis diese Hypothese von zwei US- Forschern aufgegriffen und widerlegt wurde. 1984 wurde schließlich Dünnschicht-Interferenz als Ursache nachgewiesen. Kulturversuche zeigten außerdem, dass die Bildung der geschichteten Cuticula ihrerseits von bestimmten Wellenlängenverhältnissen des Lichts ausgelöst wird, die typisch für tiefen Waldschatten sind.
Und was hat der Pfauen-Moosfarn davon? Wir wissen es bisher nicht. Möglicherweise einen Lichtverstärkungseffekt im Schatten, vielleicht einen Schutzmechanismus gegen Fressfeinde (optische Täuschung) oder gegen plötzliche starke Sonneneinstrahlung (Lichtflecken) – für keine dieser Annahmen gibt es bisher direkte Belege, für alle aber Gegenargumente. Genaue Beobachtungen in der Natur könnten helfen, auf die richtige Spur zu kommen. Michael Burkart
Der Pfauen-Moosfarn findet sich im Farnhaus des Botanischen Gartens der Uni Potsdam (Maulbeerallee 2). Am 12.11. gibt es dort einen Reisebericht aus dem tropischen Norden Australiens (17 Uhr). Am 17.11. findet das Aktionsprogramm „Kakao und Schokolade“ für Kinder ab 4 statt.
Michael Burkart
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