Landeshauptstadt: Wie eine schützende Hand
Der 84-jährige Architekt Gottfried Böhm besucht „seinen“ Theaterneubau
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Der 84-jährige Architekt Gottfried Böhm besucht „seinen“ Theaterneubau Gottfried Böhm hat es eilig. Im Baucontainer warten die Ingenieure. Wenig später muss er weiter, weil heute noch sein Flugzeug geht. Wohin? Die Frage ging leider unter in dem kurzen Gespräch, unter einer matten Mittagssonne am Montag vor dem Neubau des Hans Otto Theaters in der Schiffbauergasse. Vielleicht fliegt er nach China. Denn auf die Frage, was er in Zukunft plane, erwähnte Böhm das fernöstliche Land. Geschäftsleute wollen ihn für ein neues Bauvorhaben engagieren. Doch bevor er zusagt, will sich der 84-Jährige genau informieren. Der ferne Osten hat Gottfried Böhm auch beim Entwurf für das neue Hans Otto Theater inspiriert. Die drei, so charakteristischen fächerartigen Dächer, deren Bau gerade begonnen hat, haben nichts mit Muscheln zu tun, wie mancher Baustellenbesucher mit Blick auf die nahe Havel vielleicht vermutet. In Japan beobachtete er ein Ritual, bei dem Buddhafiguren mit Palmenwedeln abgedeckt wurden. Schützend wie ein aufgelegte Hand, sollen diese Palmenwedel das Besondere betonen. Schützend sollen auch die Dächer über den späteren Eingangs- und Aufenthaltsbereich des Theaters liegen, erklärt Böhm, der sich Zeit lässt beim Reden, dabei fast immer überlegend zu Boden blickt. Einmal im Monat kommt er nach Potsdam. Das regelmäßige Treffen mit den Bauleitern und verantwortlichen Ingenieuren, auf dem er sich über den Gang der Dinge auf der Baustelle informiert. Zu beobachten, das endlich Form annimmt, was erst Idee, dann Modell war, ist für ihn nach all den Jahren in seinem Beruf noch immer spannend. Gerade das Theater in Potsdam sei dabei auch etwas Besonderes. Die außergewöhnliche Lage am Wasser, die Einbettung in das Rund historischer Bauten, was Böhm hier bei seinem Entwurf berücksichtigen musste, war auch für ihn als weltberühmten Fachmann eine Herausforderung. Ein Gebäude zu schaffen, das herausragt, ohne aus dem historischen Ensemble herauszufallen, so hat Böhm geplant. Ein Theater zu bauen, das nicht nur eine „dunkle, schwarze Box“ sei, in der Vorstellung auf Vorstellung folge, hier in Potsdam sei dies nun möglich. Durch die großen Glaswände fällt viel Licht ins Innere. Der Zuschauerraum mit seinen herausnehmbaren Sitzen, der dieses Haus nicht nur auf einen reinen Theaterbau beschränkt, für den bekennenden Theater- und Konzertfreund Böhm, sei das der Reiz an diesem Projekt. Lobend erwähnt er noch das Interesse der Theaterleute an den Fortschritten am Bau, dann muss er auch schon gehen. Im Baucontainer sind noch ein paar Fragen über die derzeitigen Bauarbeiten zu klären. Auch mit 84 Jahren hat Gottfried Böhm einfach noch genug zu tun. Dirk Becker
Dirk Becker
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