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Landeshauptstadt: Wie Politik funktioniert

Europäisches Jugendparlament tagt: Eröffnung gestern in der Schinkelhalle mit Schäuble und Frattini

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Berliner Vorstadt – Die „große Welt“ hielt gestern Abend Einzug in die Schinkelhalle in der Schiffbauergasse. Die Eröffnung der 54. Sitzung des Europäischen Jugendparlaments hatte mit Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD), Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) und Franco Frattini, dem Vize-Präsidenten der Europäischen Komission, prominente Gäste. Für Glamour sorgten aber allein schon die rund 220 Delegierten: Dunkler Anzug oder gediegenes Kostüm sah die ungeschriebene Kleiderordnung für die Teenager aus über 30 Ländern vor. Die Jugendlichen nahmen ihre Sache ernst. Als die Europäische Hymne erklang, erhoben sie sich wie selbstverständlich von ihren Plätzen.

Warum sie in Potsdam sind? „Migration und Integration“ steht als Thema auf der Tagesordnung der zehntägigen Sitzung. Sie wird am kommenden Freitag und Sonnabend mit einer Parlamentsdebatte im Berliner Abgeordnetenhaus schließen. Bei dem Thema bietet sich Potsdam als Tagungsort geradezu an, erklärte Sonja Weicker, die Organisatorin des Potsdamer Treffens, den PNN. Die 22-Jährige studiert in Berlin und kennt die Geschichte der brandenburgischen Landeshauptstadt, die von Einwanderern geprägt wurde, daher gut. Auch Potsdams Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) kam in seiner Willkommensrede auf diese Geschichte und das „Toleranzedikt“ von 1685 zu sprechen.

„Es ist Zeit für uns junge Leute, Europa zu überdenken und einen eigenen Weg zu finden, es zu leben“, sagte Annina Loets als Mitglied der deutschen Delegation in der Eröffnungszeremonie und formuliert damit eines der Ziele der Treffen, die dreimal im Jahr stattfinden. Auch wenn sie sich für ihre Aufregung entschuldigte, sprach sie in exzellentem Englisch. Zumindest darin haben die jungen Europäer die „alte“ Generation bereits überholt. Und Wolfgang Schäuble lag daneben, als er der Versammlung mit herzhaft deutschem Akzent empfahl, sich über Sprachunsicherheiten keine Sorgen zu machen: „Be optimistic, look at my poor English“ – „Seid optimistisch, schaut Euch mein armseliges Englisch an.“ Um Sprachkenntnisse macht sich hier keiner mehr Sorgen. Sitzungspräsident Daniele Vannucchi aus Italien begrüßte seinen Landsmann Franco Frattini auf der Bühne in so elegantem Englisch, dass er sogar vergaß, den Namen italienisch auszusprechen. „Es ist Eure Stimme, die wir hören wollen“, ließ Vannucchi die Delegierten wissen. Die Resolutionen, die das Jugendparlament beschließt, werden die EU-Abgeordneten lesen. Was aber erwarten sich die Teilnehmer von dem Treffen? Teije Sõelsepp aus dem estnischen Pärnu hat die Antwort sofort parat: Die 17-Jährige erhofft sich Wissenszuwachs und Persönlichkeitsbildung. Das Treffen hat ihrer Meinung nach bereits etwas bewirkt. Sie habe in den vergangenen zwei Tagen gelernt, mit Menschen zu kommunizieren, die ganz anders sind, erklärte sie. „Fantastisch“, findet Ylva Konsberg aus dem schwedischen Malmö das Jugendparlamentstreffen. Ihr gefällt daran nicht nur das „internationale Flair“: Sie knüpfe Kontakte in ganz Europa und bekomme gleichzeitig ein Gefühl dafür, wie Politik funktioniert, erklärte die 16-Jährige.

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