zum Hauptinhalt

Landeshauptstadt: Wie Potsdam ist – und sein sollte

Die Entwicklung der Stadt aus Sicht von jungen Potsdamern: Vier Positionen

Stand:

Das Motto klingt vieldeutig: „Junge Perspektiven auf die Stadt-Ent-Wicklung Potsdams”. Unter dieser Überschrift lädt der Stadtjugendring am Freitag in die Mensa der Fachhochschule, Am Alten Markt, zu einem Diskussionsabend ein. Beginn ist 18 Uhr. Das Hauptthema: Ist die boomende Entwicklung der Stadt überhaupt noch „im Sinne junger Menschen“? Als Gesprächsgäste werden etwa der Chef des Bereichs Stadtplanung im Rathaus, Andreas Goetzmann, und Bernd Albers, Dekan des Fachbereichs Architektur der Fachhochschule, erwartet. Dazu kommen Vertreter von Jugendorganisationen der Potsdamer Parteien – aber auch Aktivisten aus dem Archiv-Jugendzentrum oder von der Wagenburg in Hermannswerder. Die PNN veröffentlichen im Vorfeld vier Positionen von jungen Potsdamern, die sich mit dem Thema Stadtentwicklung bereits länger beschäftigen.

Kay-Uwe Kärsten – Archiv e.V. & Bürgerkooperation Potsdam – 28 Jahre alt

Die aktuelle Stadtentwicklung ist nicht im Sinne junger Menschen. Es gibt keine wirksamen Formen, um das Mitgestaltungsrecht von Kindern und Jugendlichen mit institutionalisierten Verfahren zu gewährleisten. Dabei geht es doch darum, den unmittelbaren Lebensraum von jungen Potsdamern zu gestalten – denn bezieht man sie dabei nicht direkt mit ein, müssen sie sich zwangsläufig davon entfremden. Bisher aber ist es so: Wollen Jugendliche an Verhandlungen zur städtischen Politik teilnehmen, müssen sie schon in eine außerparlamentarische Opposition gehen, um sich zumindest auf diesem Wege ein wenig Gehör zu verschaffen. Frei nach dem Motto „Jugendliche werden erst wahrgenommen, wenn sie Probleme machen, nicht, wenn sie Probleme haben.“ Exemplarisch für so einen Vorgang ist das zähe Ringen um „Freiland“ zu nennen. Bedeutende Fragen für Kinder und Jugendliche wären etwa ein kostenloser öffentlicher Nahverkehr, bezahlbarer Wohnraum, Schaffung von Freiräumen ohne Konsumzwang. Allerdings: Meinem Gefühl nach entsteht zunehmend ein Verständnis für die dringende Notwendigkeit von wirksamen Beteiligungsformen. Auch die Einsicht, dass es um eine EinwohnerInnenbeteiligung geht – die also auch für Frauen, Kinder und Jugendliche sowie Menschen ohne deutsche Staatsbürgerschaft gilt - wächst zusehends.

David Kolesnyk – Jusos (SPD-Jugend) Potsdam – 21 Jahre alt

Die zentrale Frage ist: Wie können Jugendliche sich an der Stadtentwicklung beteiligen? Nur wenn das geht, lässt sich die Frage beantworten, ob die Stadtentwicklung im Sinne der jungen Potsdamer verläuft. Gerade beim Wohnungsmarkt und den öffentlichen Verkehrsmitteln kann für viele der Eindruck entstehen, dass die Stadt nicht für sie, sondern für Touristen und Snobs da ist. Aber es bewegt sich etwas in der Stadt. Man hat sich auf den Weg gemacht, miteinander ins Gespräch zu kommen und auch die Interessen der Jugend wahrzunehmen. Das „Freiland“ wurde ermöglicht, das Archiv soll erhalten bleiben und bei Waschhaus und Lindenpark ist die Stadt weiter dran. Das Erreichte kann aber nicht das Ende sein: Die Angebote, die es gibt, müssen bekannter gemacht werden und die Ansprache muss für Jugendliche passend sein! Ich denke, man sollte auch Jugendliche selbst fragen, auf was für einer Schule sie lernen möchten oder wie sie sich Freiflächengestaltung vorstellen. Es braucht aber auch kontrollfreie Räume zur Selbstgestaltung.

Kevin Lücke – Julis (FDP-Jugend) Potsdam – 28 Jahre alt

Grundsätzlich kann man die Entwicklung als positiv ansehen. Die neue Innenstadt wird Potsdam weiter stärken, davon wiederum werden alle Potsdamer profitieren, sei es durch neue kulturelle Angebote, Einkaufs- und Wohnmöglichkeiten und natürlich den zahlreichen Arbeitsplätzen, die entstehen werden. In vielen Ecken der Stadt gibt es gute Entwicklungen, zum Beispiel die Entwicklung des Campus der Fachhochschule – vor einigen Jahren war dort alles Feld, jetzt ist da mit dem Bornstedter Feld ein völlig neuer Stadtteil entwickelt worden und ein guter Hochschulstandort. Ein konkretes Problem ist der Mangel an Ausgehmöglichkeiten – man hat hier in Potsdam schon so einiges kommen und gehen sehen, aber richtig hält sich nichts. Das Problem ist dabei natürlich die Nähe zu Berlin, somit haben es alle Angebote schwer. Zum Thema Beteiligung: Die vergangenen Jahre haben gezeigt, dass es dazu viele Möglichkeiten gibt und diese sehr erfolgreich genutzt werden. Was übrigens oft übersehen wird, ist die Beteiligung durch das eigene Verhalten – jeder von uns trifft täglich Entscheidungen. Das wirkt sich schneller und direkter aus als jede Politik – quasi Angebot und Nachfrage. So gibt es viele junge Menschen, die unabhängig von der Stadtpolitik und Steuergeldern ihr Ding durchziehen – und damit sogar oft erfolgreich, wenn nicht sogar erfolgreicher sind.

Tino Fischer – Junge Union (CDU-Jugend) Potsdam – 22 Jahre

Beim Thema Stadtentwicklung sollte nicht mit ideologischen Bandagen gekämpft werden. Es geht in Potsdam nicht um „Preußenwahn“ oder „Schlossträume“. Wichtig ist heute, dass Jung und Alt in Potsdam gemeinsam eine gute Zukunft haben. Die Entwicklung Potsdams zur Universitätsstadt mit den vielen Instituten in den Zukunftstechnologien ist sehr im Interesse junger Menschen, da dies zukunftsfähige Arbeitsplätze schafft. Probleme für junge Menschen gibt es in Potsdam dennoch. Das wichtigste ist der Mangel an bezahlbarem Wohnraum. Studenten müssen nach Berlin ziehen, um bezahlbaren Wohnraum zu finden. Doch auch Infrastrukturprojekte wie die Sanierung der Humboldtbrücke oder der Bau eines dritten Havelübergangs gehen nur schleppend oder gar nicht voran. Der Hauptbahnhof wird beim anhaltenden Zuzug nach Potsdam bald zu klein sein. Allerdings ist das Kulturangebot hervorragend. Waschhaus, Theaterschiff, Lindenpark und andere Häuser bieten beste Veranstaltungen für junge Menschen an. Der öffentliche Nahverkehr hat inzwischen die Nachtbuslinien daraufhin ausgerichtet. Man kommt als junger Mensch – ohne Auto – Tag wie Nacht gut durch die Stadt. Zum Thema Beteiligung kann ich mir durch die Stadt und durch freie Träger geförderte Projekte vorstellen, die junge Menschen näher an lokalpolitische Entscheidungen heranführen. Denn junge Menschen sind nicht politikverdrossen – sie werden von den Parteien nur nicht mehr so erreicht wie vor 20 Jahren.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })