Landeshauptstadt: Wie sich Stille anfühlt
Sindy Funke schrieb ein Buch über das neue Hören
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Ihr Buch ist für die Hörenden, sagt sie. Aber auch für jene, die wie sie gehörlos sind. Sindy Funke gilt als spät ertaubt. Sie kam vor 31 Jahren mit einer Hörschädigung zur Welt, ihr erstes Hörgerät bekam sie aber erst als Schülerin. Nach mehreren Hörstürzen in Folge wurde die Stechlinerin vor einigen Jahren schließlich taub.
Seit Oktober 2005 ist die gelernte Köchin und umgeschulte Verwaltungsfachangestellte Cochlear-Implantat (CI)-Trägerin. Das richtige Hören mit der Mittelohrprothese erfordert viel Training. Nach den Operationen an beiden Ohren im Unfallkrankenhaus Berlin, geht die junge Frau nun regelmäßig zur Anpassung in das Hörtherapiezentrum in Potsdam. „Rein in die Stille – Raus aus der Stille“ heißt das Buch von Sindy Funke, in dem sie auf 120 Seiten ihre Geschichte erzählt. Sie habe immer wieder Notizen gemacht, aber auch auf ihrer eigenen Homepage www.tinnitus-taube.de ein Internettagebuch geführt. Es habe dann nur noch zwei Tage gedauert, alles zusammenzufassen. Das im Selbstverlag erstellte Buch schildert chronologisch verschiedene Ereignisse. Einfach so, ohne große Emotionen. Das aber beeindruckt. Bei ihrer jüngsten Lesung im Potsdamer Hörtherapiezentrum, wo im Publikum auch CI-Träger saßen, gab es oft zustimmendes Kopfnicken. Trotzdem, sagt Sindy Funke, möchte sie mit ihrer Niederschrift eher den Nicht-Betroffenen vermitteln, wie sich Taubsein und das neue Hören anfühlen. Sie will kein Mitleid, aber Anerkennung. Und jenen Mut machen, die vor der Entscheidung stehen, sich eine Ohrprothese einsetzen zu lassen. Anfänglich von der Buch idee begeistert, sagte die Firma Cochlear, deren Produkt „Nucleus Freedom“ die 31-Jährige in beiden Ohren trägt, finanzielle Unterstützung zu. Als sie dann aber schrieb, dass der außen am Kopf sichtbare CI-Prozessor aufgrund von Lieferschwierigkeiten lange Zeit nicht in ihrer Lieblingsfarbe Blau zu haben war, nahm der Implantathersteller seine Sponsorenbereitschaft zurück. Sie blieb bei ihren kritischen Worten. Sindy Funke hat gelernt, sich durchzusetzen.
Weil sie eine gute Aussprache hat, vermuten viele nicht den starken Grad ihrer Behinderung. In einer Umschulungsmaßnahme saß sie als einzige Hörgeschädigte zwischen 28 Hörenden. Sie hat sich die Cochlear-Implantate einsetzen lassen, „um wieder Arbeit zu bekommen“, sagt sie. Ihre Berufsunfähigkeitsrente laufe 2009 aus. Dann möchte sie in die Arbeitswelt zurück. Ihre Chancen stehen gut. Inzwischen könne sie sogar hohe Töne wie Sirenen unterscheiden. So höre sie beispielsweise ihre Katzen Lucky und Caro maunzen. Das sei „überlebenswichtig“ für die Tiere. Eine ihrer Samtpfoten hatte sie einmal versehentlich im Kühlschrank eingesperrt und die Klagelaute nicht wahrgenommen. „Das Hören im Hochfrequenzbereich kam spät“, sagt Sindy Funke, deren Katze den Kälteschock überstanden hat, wie in ihrem Buch nachzulesen ist. Nicola Klusemann
Sindy Funke: „Rein in die Stille – Raus aus der Stille“, 12,50 Euro, ISBN: 978-3-941071-02-5 oder zu bestellen unter www.tinnitus-taube.de
Nicola KlusemannD
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