Landeshauptstadt: „Wie viel kostet eine Stradivari?“ Geigerin Antje Weithaas am Schiller-Gymnasium
Drewitz - Die im Stuhlkreis sitzenden Schüler sind laut und hibbelig. Nach sieben Schulstunden ist das mit der Konzentration so eine Sache.
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Drewitz - Die im Stuhlkreis sitzenden Schüler sind laut und hibbelig. Nach sieben Schulstunden ist das mit der Konzentration so eine Sache. Zwei Jungs stoßen sich gegenseitig an, die Mädchen kichern unerlässlich. Plötzlich jedoch schallen helle, klare Töne durchs Klassenzimmer. Antje Weithaas, die als Geigerin schon Konzertsäle auf der ganzen Welt kennen lernen durfte, hat ihre Violine an den Hals gesetzt und spielt die „Obsession“ von Eugène Ysaye. In der Klasse ist es auf einmal mucksmäuschenstill und die Schüler lauschen konzentriert den dynamischen Läufen der Musik.
Im Rahmen des bundesweiten Projekts „Rhapsody in school“, das vom Pianisten Lars Vogt initiiert wurde, besuchte die Musikerin gestern zwei Klassen der siebten Jahrgangsstufe des Schiller-Gymnasiums. An dem Projekt, das von der Kulturstiftung der Länder unterstützt wird, arbeiten namhafte Künstler der klassischen Musikszene ehrenamtlich mit. Ziel ist es, Kinder und Jugendliche zu motivieren, ein Instrument zu erlernen oder auch einmal ein klassisches Konzert zu besuchen. „Das Projekt ist mir wichtig, da musikalische Erziehung in den Familien kaum noch stattfindet“, so Weithaas. Die Wahlpotsdamerin beklagt zudem, dass an den Grundschulen in Brandenburg kaum noch Musikunterricht angeboten werde. „Somit ist es auf den weiterführenden Schulen oft schon zu spät, musikalisches Interesse zu wecken.“
Die Schüler des Schiller-Gymnasiums zeigen allerdings alles andere als Desinteresse. Lebhaft verfolgen sie die unterschiedlichen Musikstücke und diskutieren mit der Künstlerin über berühmte Geigenbauer, Holzarten und Spieltechniken. Das Thema „Kosten“ scheint sie dabei besonders zu interessieren. Ausgiebig besprochen werden die Preise aller möglichen Instrumente, von echten Stradivaris, für die man schonmal 4,5 Millionen Euro auf den Tisch legen muss, bis hin zu Plastikgeigen von Ebay. Auch als die Schüler sich ein Stück wünschen dürfen, ist die Begeisterung groß. Genannt werden Mozart, Vivaldi und vor allem Beethovens „Für Elise“. Zwar sei dies kein Stück für die Violine aber eine Ausnahme könne man ja mal machen, sagt Antje Weithaas und fidelt darauf los.
Ein Highlight bildet sicherlich der „Drei-Minuten-Geigenunterricht“, den Freiwillige ausprobieren dürfen. Musiklehrerin Kristin Schulz, auf deren Initiative die ungewöhnliche Schulstunde zustande kam, ermuntert ihre Schüler, sich zu melden: „Mit einer solchen Berühmtheit kommt ihr so schnell nicht mehr zusammen.“ Die Siebtklässler Dennis und Franziska versuchen sich auf der Violine und ernten für ihre lauten Töne tosenden Beifall ihrer Klassenkameraden. Geigespielen macht offenbar großen Spaß. Antje Weithaas ist überzeugt: „Eine solche Veranstaltung kann viel bewirken.“
Fides Ochsenfeld
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