PRO & Contra: Wie viel Live-Nächte verträgt Babelsberg?
PRO & Contra Eigentlich ist doch Babelsberg in der meisten Zeit des Jahres ein beschaulicher, familienfreundlicher Stadtteil. Nur ab und zu geht es mal hoch her, wenn nämlich die Turbine-Damen das Grün des Karl- Liebknecht-Stadions strapazieren, Babelsberg 03 kickt oder das dreitägige Böhmische Weberfest den Platz vor der Friedrichskirche ins Mittelalter zurück versetzt.
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PRO & Contra Eigentlich ist doch Babelsberg in der meisten Zeit des Jahres ein beschaulicher, familienfreundlicher Stadtteil. Nur ab und zu geht es mal hoch her, wenn nämlich die Turbine-Damen das Grün des Karl- Liebknecht-Stadions strapazieren, Babelsberg 03 kickt oder das dreitägige Böhmische Weberfest den Platz vor der Friedrichskirche ins Mittelalter zurück versetzt. Vor einigen Jahren nun haben sich die Gastronomen zusammen getan und die Babelsberger Live-Nacht entwickelt, die sich aus unternehmerischer Sicht zum Erfolgsschlager entwickelte. Da ist die Versuchung groß, es nicht nur einmal, sondern zweimal im Jahr kräftig in der Kasse klingeln zu lassen. Wenn die Rechnung aufgeht, um so besser. Und offensichtlich hat sich die Doppelauflage in diesem Jahr tatsächlich gelohnt. Was mit einer Schlössernacht im Zweierpack – wie im Buga-Jahr – nicht funktioniert hat, scheint in Babelsberg ein Erfolgsrezept. Die Menschen zwischen Griebnitzsee und Nuthe feiern gern, könnte man meinen. Aber es gibt scheinbar auch die anderen, die sich an Ausgelassenheit bis in die Morgenstunden stören, senkrecht in ihren Betten sitzen und sich nicht mit dem Gedanken trösten können, dass es ja nur zweimal im Jahr ist. Jetzt, wo die Veranstalter auf so viel Widerstand stoßen, werden auch sie wankelmütig. Nun überlegen sie wieder, auf eine Live- Nacht pro Jahr zurückzugehen, obwohl sie mit dem Doppelpack den Nerv der Babelsberger Kneipengänger getroffen haben. Mit ein bisschen Toleranz und vor allem Geschäftssinn für die ansässigen Gastronomen könnte Babelsberg durchaus zwei Live-Musik- Nächte vertragen. Und wer nicht schlafen kann, sollte einfach mitfeiern. N. Klusemann Toleranz bedeutet, andere Überzeugungen zu dulden, weil man nicht die Wahrheit für sich gepachtet hat. Wie ist es mit der Toleranz und der Babelsberger Live-Nacht? Auf der einen Seite steht der Anspruch, in seinem Haus oder seiner Wohnung zur Ruhe zu finden, im Wohngebiet nachts schlafen zu können und am nächsten Morgen keine bösen Überraschungen zu erleben. Auf der anderen Seite steht der Wunsch der Babelsberger Gastronomie, das Kneipenleben anzukurbeln, indem man eine Plattform für Freunde von Promille und Livemusik schafft. Die Menschen feiern ja gern, nicht alle feiern tolerant. Der Großteil der Kneipennacht-Gäste amüsierte sich fröhlich bei den Livekonzerten. Es gab aber auch wieder Schlägereien, im Minutentakt sind Flaschen zerdeppert, manche auch auf der anderen Seite des Gartenzauns. Pflanzen wurden rausgerissen, Hausfassaden mit Sekt bespritzt. Und auch wenn der meiste Müll am nächsten Morgen diesmal weggeräumt war, die Spielplätze stanken doch nach Urin. Bis nachts um eins haben die Veranstalter die Open-Air-Erlaubnis ausdehnen können – beim Babelsberger Weberfest müssen (ohne Verstärker) um elf die Lichter ausgeknipst werden. Babelsberger, die keine Lust auf feiern hatten, wurden durch dröhnende Bässe strapaziert. Babys wurden in Wohnungsflure vor dem Krach in Schutz gebracht und Schicht- und Sonntagsarbeiter fanden keinen Schlaf. Niemand hat die absolute Wahrheit gepachtet. Es gibt ein Recht auf gute Laune, Musik und Tanz in der Stadt. Aber eben auch auf nächtliche Ruhe im Arbeitsalltag. Duldsamkeit ist auf beiden Seiten gefragt. Die zweite Kneipennacht in diesem Jahr war das Quäntchen zu viel.Henry Klix
N. Klusemann
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