Landeshauptstadt: Wie viel Mieter bei Schäden mindern dürfen
Auch Lärm von einer nahe gelegenen Baustelle oder einer Disko kann zu einer Minderung berechtigen
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Was ist der Schimmel in der Küche wert, was die abblätternde Farbe im Treppenhaus und was der Sprung in der Kloschüssel? Wer von der Miete wegen eines Mangels in der Wohnung einen Teil einbehalten will, muss sich informieren. Denn eine Minderung ist in vielen Fällen möglich, und teilweise kommen erkleckliche Beträge zusammen. Doch fast immer ist die richtige Höhe des Abzugs schwierig zu bestimmen.
Orientierung bei der Minderung geben frühere Urteile, wie Rechtsanwalt Peter Jürgens aus Hannover vom Interessenverband Mieterschutz erläutert.
In Nachschlagewerken, die im Buchhandel oder bei Mieterverbänden erhältlich sind, sind viele Beispiele so genannter Präzedenzfälle aufgelistet. Gerichte haben zum Beispiel entschieden, dass Lärmbelästigungen und Gesundheitsgefahren durch Tauben in der Nachbarschaft zu Abzügen von bis zu einem Drittel der Miete berechtigen können.
Erheblicher Schimmelpilzbefall in Wohn- und Schlafzimmer oder Bad kann 20 Prozent ausmachen. Und der Geräuschpegel einer benachbarten Skater-Anlage erlaubt einen Abzug von 5 Prozent. Diese Entscheidungen sind eine Richtschnur, aber eine endgültige Antwort liefern sie nicht, wie Jürgens betont: „Es kommt immer auf den Einzelfall an.“ Es ist daher schwer, im Brief an den Vermieter die Forderung richtig zu bemessen.
„Die Menschen sind sehr, sehr unsicher. Häufig herrscht eine überzogene Vorstellung, was die angemessene Höhe der Minderung angeht“, hat Jürgens in der Beratung von Mietern festgestellt. Sein wichtigster Ratschlag lautet daher, möglichst früh nach Auftreten eines Mangels ein klärendes Gespräch mit dem Vermieter zu suchen und ihn zu fragen, welchen Abzug er für richtig halten würde.
So könnten Mieter die Unsicherheit bezüglich der Minderungshöhe leicht an ihren Vertragspartner weitergeben – und dieses Vorgehen kann sogar zu besonders guten Ergebnissen für den Mieter führen. „Private Vermieter bieten aus meiner Erfahrung meist mehr an, als dem Mieter nach den Präzedenzfällen zustehen würde“, hat Jürgens beobachtet.
Erstes Ziel des Mieters sollte aber nicht das Mindern der Miete, sondern die Behebung des Mangels sein. „Das A und O ist, dass man den Vermieter sofort über den Mangel informiert“, rät Sprecher Ulrich Ropertz. Für die Zwischenzeit, in der der Vermieter sich um die Beseitigung bemüht, kämen dann Abzüge von der Miete in Frage.
Dabei kommt es nicht darauf an, ob der Vermieter die Störung verursacht hat: Nach einem Urteil des Amtsgerichts Berlin-Schöneberg muss ein Vermieter zum Beispiel auch dann die Schäden beseitigen, wenn Wildschweine den Rasen eines vermieteten Grundstücks zerstört haben. In der Zwischenzeit muss er eine Minderung der Zahlungen hinnehmen.
Auch Lärm von einer nahe gelegenen Baustelle oder einer Disko kann zu einer Minderung berechtigen. Nicht immer ist aber der Vermieter in der Pflicht. Bevor Mieter aktiv werden, sollten sie daher abgleichen, ob die Voraussetzung für eine Mietminderung grundsätzlich gegeben ist. Nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch dürfen Mieter immer dann einen Teil der Miete einbehalten, wenn die Wohnung einen Fehler oder Mangel aufweist. Verglichen wird dabei der tatsächliche Zustand der Wohnung mit den Eigenschaften, die vertraglich zugesichert oder gesetzlich vorgeschrieben sind. Ein Blick in den Mietvertrag ist also unerlässlich.
In seiner Broschüre zum Thema Mietminderung weist der Mieterbund darauf hin, dass zum Beispiel schon die Wohnungsgröße Anlass zu einem Abzug geben kann. Das ist dann der Fall, wenn die Wohnung erheblich kleiner ist als im Mietvertrag angegeben. Nach einem Urteil des Bundesgerichtshofs in Karlsruhe gilt eine Abweichung von mehr als zehn Prozent als erheblich. Bei geringeren Abweichungen müsse der Mieter aber sehr genau darlegen, dass er die Wohnung wegen ihrer kleineren Größe nur eingeschränkt nutzen kann.
Die so genannte Erheblichkeitsgrenze hat bei der Mietminderung große Bedeutung: In einer Vielzahl von Entscheidungen haben Gerichte eine Minderung abgelehnt, weil sie den Mangel für nicht gravierend hielten.
So gibt es Urteile, nach denen Abzüge zum Beispiel nicht möglich sind, wenn lediglich der Müllschlucker in einem Haus stillgelegt wird, die Glühbirne im Hausflur defekt ist oder sich Haarrisse in der Decke abzeichnen. Gleiches gilt für einen Wasserfleck an der Badezimmerdecke oder einen Sprung in einer Fensterscheibe.
Die richtige Einschätzung der Minderungshöhe kann auch Bedeutung für die Kosten eines möglichen Gerichtsverfahrens haben, erläutert Kai H. Warnecke, Geschäftsführer des Eigentümervereins Haus & Grund in Berlin. So müssten Mieter nicht damit rechnen, die Prozesskosten tragen zu müssen, wenn sie sich nach den Vorgaben früherer Urteile richten. Warnecke verweist darauf, dass die Minderung vom Mieter rechtlich gesehen nicht etwa beantragt werden muss: „Sie tritt automatisch ein.“ Stefan Waschatz, dpa
Stefan Waschatz, dpa
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