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Landeshauptstadt: Wie viel Museum braucht diese Stadt?

Monatelang wurde über den künftigen Standort für das Potsdam Museum diskutiert, in den Millionen investiert werden sollen. Doch das notwendige Geld für das Naturkundemuseum fehlt seit Jahren

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Wieder einmal ist die Rede vom gesellschaftlichen Wandel. Dieses Mal im Zusammenhang mit den Museen. Anlass ist der Internationale Museumstag, der am morgigen Sonntag zum 18. Mal stattfindet und an dem auch in Potsdam Museen ihre Türen öffnen. Die einen werden zeigen, was sonst immer in den Ausstellungen zu sehen ist. Andere werden das Motto des Tages aufgreifen und versuchen, mit Hilfe ihrer Sammlungsbestände gesellschaftlichen Wandel zu verdeutlichen. In jedem Fall wird das Gezeigte immer Plädoyer für die Notwendigkeit und den Bestand des jeweiligen Hauses sein.

Doch das Motto „Gesellschaftlicher Wandel und Museen“ muss auch dazu genutzt werden, zu hinterfragen, ob sich das Verständnis von Museum verändert hat oder verändern muss. Dass ein Wandel stattfindet, ist seit Jahren allein schon daran zu spüren, dass immer weniger Geld zur Verfügung steht. Und weniger Geld heißt, Schwerpunkte zu setzen. Doch passiert das in Potsdam?

Wurde in den vergangenen Monaten in dieser Stadt über Museen diskutiert, so fast ausschließlich um einen neuen und repräsentativen Standort für das Potsdam Museum, das derzeit in zu kleinen Räumen in der Benkertstraße untergebracht ist. Es wurde geprüft und abgewogen, ein Wirtschaftlichkeitsgutachten in Auftrag gegeben, ein neues Personalkonzept erstellt und Sondersitzungen berufen. Dass für den neuen Standort – aller Voraussicht nach im Alten Rathaus am Alten Markt – Millionen ausgegeben werden sollen, scheint das Selbstverständlichste zu sein. Schließlich geht es um die Geschichte der Stadt und die muss entsprechend groß und auf mehreren Etagen präsentiert werden. Dass Potsdam in dieser Präsentation seiner Geschichte fast schon ersäuft, interessiert bei dieser Diskussion nicht. Museum ist im allgemeinen Verständnis immer noch vor allem Kunst und Geschichte. Dass aber fast alle Stadtmuseen Probleme haben, vor allem junge Menschen für ihre Ausstellungen zu interessieren, ist zwar bekannt, wird aber auch gern ignoriert. Ein noch zu erstellendes Konzept soll alles richten. Museumspädagogik ist eines der Schlagworte, das dann fast schon wie ein Allheilmittel klingt.

Dass Museum mehr ist als Kunst und Geschichte, zeigt seit Jahren das Naturkundemuseum in der Breiten Straße. Doch in der aktuellen Potsdamer Museumsdiskussion führt dieses Haus nur ein Schattendasein. Die Räume sind zu klein, die Werkstatt der Präparatoren, deren Arbeit regelmäßig mit internationalen Preisen ausgezeichnet wird, befindet sich seit elf Jahren in einem Provisorium an einem anderen Standort. Und auf die Fragen, wann denn nun endlich der seit Jahren längst fällige Umbau und damit verbunden die Verlagerung eines Teils der Depots und der Umzug der Präparatorenwerkstatt vollzogen werden soll, heißt es immer wieder, man habe das Vorhaben auf der Agenda, nur fehle es am nötigen Geld.

Bei dem notwendigen Geld handelt es sich um knapp 1,6 Millionen Euro. In der Diskussion um den neuen Standort für das Potsdam Museum ein Betrag, über den man nur müde lächeln kann.

Fast 50 Prozent der Besucher im Potsdamer Naturkundemuseum, dem einzigen dieser Art in Brandenburg, sind Kinder und Jugendliche. Hier lernen sie Natur zu verstehen, wird versucht, sie für Umweltprobleme zu sensibilisieren. Hier kann deren Interesse für Museen geweckt, das Lesen und Verstehen von Ausstellungen gelernt werden. Doch was die notwendige finanzielle Unterstützung betrifft, findet diese Arbeit in Potsdam kaum Anerkennung. Erst kürzlich hat der Naturkundliche Museumsverein Brandenburg darauf aufmerksam gemacht, dass hier dringender Handlungsbedarf besteht. Die Reaktion der Verwaltung bestand darin, zu überprüfen, ob ein paar Tausend Euro Planungsmittel für einen Fördergeldantrag bei der Europäischen Union bereitgestellt werden können.

Das Potsdam Museum braucht einen neuen Standort. Das soll hier nicht bestritten werden. Doch wurde die monatelange Diskussion zu einseitig geführt. Museum ist mehr als Kunst und Geschichte. In Sachen Naturkundemuseum muss die Stadt sich endlich von ihren Lippenbekenntnissen verabschieden und handeln. Man muss es nur wollen, Schwerpunkte an der richtigen Stelle zu setzen.

Dirk Becker

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