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Wie von den Brüdern Grimm gebacken: Ex-Ministerpräsident Manfred Stolpe und Peter Kretschmer, Geschäftsführer des Instituts für Getreideverarbeitung, brachten gestern ein Lebkuchenhaus in die Kinderklinik  sehr zur Freude von Luca und Antonia.

© Andreas Klaer

Von Guido Berg: Wieder ein Lebkuchenhaus

Manfred Stolpe brachte den kranken Kindern Zuckerbackwerk ins Klinikum – wie in alten Tagen

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Innenstadt - Es ist die Fortsetzung einer schönen Tradition. Manfred Stolpe brauchte als echter Preuße und somit Pflichtmensch lediglich einen einzigen kleinen Wink mit dem Zaunpfahl. Mitte Dezember hörte der Ex-Ministerpräsident und Ex-Bundesminister ein Benefizkonzert in der Friedenskirche. In einer Reihe hinter ihm saß Professor Michael Radke, Chefarzt der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin des Bergmann-Klinikums. „Sie fehlen mir richtig“, sagte der Professor zu Stolpe, was kein Ausbruch politischer Nostalgie war, sondern stellvertretend für seine kleinen Patienten die ausgesprochene Sehnsucht nach einem Pfefferkuchenhaus. Als aktiver Landeschef brachte Stolpe alljährlich zur Weihnachtszeit ein derart großes Pfefferkuchenhaus zu den Kindern ins Klinikum, dass ein ausgewachsenes Meerschweinchen darin hätte wohnen können. Doch mit Stolpes Ruhestand blieb das Backwerkhaus aus.

Freilich ließ sich der nunmehrige Landesgroßvater, wenn man das so sagen darf, nicht lange bitten: Gestern brachte Stolpe eine ansehnliche Zuckerwerk-Architektur ins Klinikum, kreiert von Bäckerlehrlingen am Institut für Getreideverarbeitung (IGV). Professor Radkes Klinik ist „die Zukunftsstation“, sagte Stolpe, der als Brandenburger um die demografischen Herausforderungen seines Flächenlandes weiß. Immerhin kann der Chefarzt Erfolge im Kampf gegen die Alterspyramide vermelden: 1700 Babys kamen 2009 in seiner Station zur Welt – 180 mehr als im Vorjahr. Der Boom ist allerdings erklärbar: Nun bekommen zumeist die Frauen ihr Kind, die eigentlich schon 1999 im optimalen Gebäralter waren. „Das ist eine andere Sozialisation“, sagt der Kinderarzt. Verglichen mit den 3000 jährlichen Geburten zu DDR-Zeiten wird zudem klar, dass das Erreichte noch nicht das Erreichbare ist. Doch das nächste Geburtentief kündigt sich bereits jetzt an: Wie der Klinik-Chefarzt informierte, bekommen in sechs oder sieben Jahren all die Frauen schon deshalb kein Kind, weil sie selbst im Jahr 1994 gar nicht erst geboren wurden. Ein Geburtenknick zieht unabänderlich den nächsten nach sich.

Innerfamiliär übrigens steht die Alterspyramide bei den Stolpes und auch bei IGV-Chef Peter Kretschmer nicht auf dem Kopf, wie beide verrieten: Kretschmer hat fünf Enkel und Stolpe immerhin zwei – „die Oberbefehlshaber in der Familie“, wie der Ruhestandspolitiker nicht ohne Stolz sagte.

Mit großen Augen nahmen gestern die Kinder in der Klinik Stolpes Lebkuchenhaus in Empfang. Der fünfjährige Luca schnappte sich umgehend einen Schneemann aus Zucker, der einen Schokoladenhut auf dem Kopf trug. Der Junge muss die Weihnachtstage leider auf der Kinderstation verbringen. „Wir kommen mit den Großeltern und der Uroma vorbei“, versprach seine Mutter. 45 bis 50 Kinder werden am heutigen Heiligen Abend in der Klinik sein, schätzt Professor Radke. Das sind schwerstkranke, frisch operierte oder neugeborene Kinder. Ansonsten werde versucht, so viele Kinder wie möglich „mit der Turbo-Methode“ zu heilen, damit sie noch rechtzeitig vor dem Weihnachtsmann zu Hause sein können.

Das riesige Lebkuchenhaus von Stolpe und IGV-Chef Kretschmer wird da ganz sicher als unterstützende Medizin gewirkt haben.

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