Sport: Wind von rechts und Wellen erwünscht
Als erster reiner Potsdamer ZWEIERCANADIER bei Olympischen Spielen wollen Peter Kretschmer und Kurt Kuschela in der kommenden Woche auf dem Dorney Lake über 1000 Meter möglichst erfolgreich sein
Stand:
Sollte der Wind von rechts blasen, käme ihnen das gelegen. Noch besser für sie wäre am kommenden Dienstag und Donnerstag Wellengang auf dem Dorney Lake. „Das wäre das richtige Wetter für uns“, sagt Kurt Kuschela vom Kanu-Club Potsdam im OSC. Kuschela und sein Klubkamerad Peter Kretschmer paddeln in der kommenden Woche bei den Olympischen Spielen nahe Londons gemeinsam im Zweiercanadier über 1000 Meter für Deutschland. Etwas überraschend, aber verdient – schließlich setzten sich die beiden jungen Schützlinge des Potsdamer Erfolgstrainers Ralph Welke im Kampf um die Olympia-Tickets gegen die amtierenden Weltmeister Tomasz Wylenzek (Essen) und Stefan Holtz (Leipzig) durch.
Kretschmer kniet als Schlagmann vorn im Boot, Kuschela hat hinter ihm die Zusatzaufgabe, den ersten reinen Potsdamer Zweiercanadier bei Olympia auf Kurs zu halten. „Da ich Rechtsschläger bin, wäre Gegenwind von links unser Tod, von rechts dagegen günstig. Die meisten Steuermänner im Zweiercanadier sind aber Rechtsschläger, daher wäre das noch kein richtiger Vorteil“, erzählt Kuschela. „Wirklich prima wäre welliges Wasser. Wir haben keine Angst davor, denn wir sind gute Wellenfahrer. Da unsere Konkurrenz meist schwerer ist, fliegen wir dann eher über die Wellen.“ In den letzten Tagen hätten sie im Trainingslager in Duisburg bei den Fernsehübertragungen vom olympischen Rudern immer vor allem auf die Windverhältnisse nahe Windsors geachtet. „Das Kribbeln und die Vorfreude auf Olympia sind dabei aber auch immer mehr gestiegen“, sagt Kretschmer. Am gestrigen Freitag flogen die deutschen Kanuten von der Wedau via Düsseldorf an die Themse.
Peter Kretschmer (20) und Kurt Kuschela (23) knien seit gut einem Jahr zusammen im Canadier. „Im Januar 2010 sind wir im Trainingslager in Florida das erste Mal nur so aus Spaß in den Zweier eingestiegen“, erinnert sich Kretschmer, der aus Schwerin stammt, 1997 mit seiner Mutter Astrid nach Potsdam zog, hier nach Versuchen im Schwimmen und Turnen 2002 beim KC Pirschheide mit dem Paddeln begann und 2007 an die Sportschule kam. „Da haben wir gleich gemerkt, dass es mit uns beiden funktionieren kann“, ergänzt Kuschela, der aus Eisenhüttenstadt stammt und seit 2001 in Potsdam über das Wasser jagt. Vor zwei Jahren fuhren die beiden jetzigen Olympiateilnehmer noch in Einercanadiern jeweils über den Kilometer zu internationalen Meriten. Bei den Nachwuchs-Europameisterschaften in Moskau paddelten bei großer Hitze Kuschela zu Gold in der U23 und Kretschmer zu Silber bei den Junioren. 2011 startete das Duo dann erstmals zusammen und wurde in Zagreb C2-Europameister der U23 vor Ungarn. Anschließend mussten sie sich in einer internen WM-Ausscheidung Wylenzek/Holtz beugen, so dass sie ihren Einstand in der Leistungsklasse bei den WM in Szeged „nur“ im Zweiercanadier über die nichtolympischen 500 Meter – über die sie Bronze gewannen – erlebten.
Was die Potsdamer im Nachhinein sogar positiv sehen. „Wylenzek/Holtz haben in Szeged letztlich für uns beide den Olympia-Quotenplatz geholt. Ich weiß nicht, ob uns das auch gleich gelungen wäre“, sagt Kurt Kuschela, der ebenso wie Kretschmer in den nächsten Tagen auf Maskottchen verzichtet, am Dorney Lake barfuß zum Einstiegs-Steg gehen will. „Das soll ein gutes Omen sein, denn während ich sonst immer Latschen anhatte, bin ich in Duisburg zur letzten Vorbelastung auch barfuß auf den Steg – und wir haben eine wirklich gute Leistung geschafft“, erzählt er. „Jetzt sind wir richtig knülle, was aber okay ist. Nun kommen noch ein paar Tage cool down, damit wir für unseren Vorlauf richtig frisch sind.“
Das zweite Jahr paddeln Peter Kretschmer und Kurt Kuschela, die bei den diesjährigen Europameisterschaften in Zagreb Silber hinter den Rumänen Alexandru Dumitrescu/Victor Mihalachi gewannen, nun gemeinsam – allerdings fast nur bei Wettkämpfen. „Die meiste Zeit trainieren wir im Einer“, erklärt Kretschmer, und Kuschela erläutert: „Mit zu viel Zweiertraining kann man sich auch auseinanderfahren. Das ist anstrengender und man wird eher müde, während man sich bei den Einheiten im Einer mehr auf die Technik konzentrieren kann.“ Zumal die beiden jungen KC-Paddler einen Teil des Jahres auch getrennte Ausbildungs-Wege gehen. Während Kretschmer eine Ausbildung bei der Bundespolizei in Kienbaum absolviert, macht Kuschela in Eisenhüttenstadt seine Feuerwehr-Ausbildung. „Die will ich im nächsten Jahr beenden, um mich dann bei der Berufsfeuerwehr in Potsdam zu bewerben“, erzählt der 1,83 Meter große 80-Kilo-Mann.
Zunächst aber gilt es für ihn und seinen Schlagmann in der kommenden Woche auf dem Dorney Lake. „Neben den Rumänen müssen wir dort wohl vor allem auch mit den Russen, Weißrussen und Aserbaidschanern rechnen“, glaubt Peter Kretschmer. „Ich denke, das eine oder andere Boot können wir hinter uns lassen. Wobei wir uns aber selbst nicht zu sehr unter Druck setzen sollten.“ Und Kurt Kuschela erklärt: „Wir möchten bei Olympia nicht nur dabei sein und hinterhergurken, sondern auch etwas reißen.“ Um möglichst gleich ins Finale zu kommen, müssten sie im Vorlauf am Dienstag ab 10.45 Uhr gleich mit voller Kraft paddeln.
Wobei die Welke-Schützlinge auch ein bisschen auf ihren Endspurt vertrauen. „Anfangs haben wir den Fehler gemacht, sehr offensiv zu starten, was uns am Ende das Genick gebrochen hat“, sagt Kuschela. „Jetzt fahren wir mit langem Schlag los und lassen die anderen ruhig erstmal ein bisschen ziehen. Nach fünf Schlägen haben wir dann unseren Streckenschlag drin und versuchen uns nach vorn zu arbeiten.“
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: