Sport: „Wir brauchen jeden Fan im Stadion“
Turbine Potsdams Aferdita Podvorica hofft am Sonntag auf die Wiederholung des „Wunders im Rasunda“
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Die Zuversicht steht ihr im Gesicht. „Ich glaube noch an unsere Chance“, sagt Teammanagerin Aferdita Podvorica vom FFC Turbine Potsdam vor dem Rückspiel ihres Klubs im Champions-League-Halbfinale am morgigen Sonntag ab 14 Uhr gegen Olympique Lyon. In dem muss der Champions-League-Sieger von 2010 gegen seinen Nachfolger von 2011 ein 1:5 aus dem Hinspiel aufholen. Ein aussichtslos scheinendes Unterfangen – aber vor sechseinhalb Jahren war Turbine schon einmal in einer ähnlichen Situation und schaffte doch noch den Einzug in die Endspiele des damaligen UEFA Women’s Cups.
Die Potsdamerinnen hatten damals ihr Halbfinal-Hinspiel daheim gegen Djurgarden/Älvsjö Stockholm mit 2:3 verloren, nachdem sie zur Pause noch 2:0 geführt hatten. „Die Leute haben nicht mehr auf uns gesetzt, aber wir haben es gepackt“, erinnert sich Aferdita Podvorica, die im damaligen Rückspiel in Stockholm maßgeblich zum „Wunder im Rasunda“ beitrug. Turbine gewann im Rasunda-Stadion mit 5:2, wobei Podvorica schon nach fünf Minuten zum 1:0 traf, per Ecke das 2:0 durch Anja Mittag und per Freistoß das 3:1durch Jennifer Zietz vorbereitete. Später trafen auch Conny Pohlers und erneut Anja Mittag für den Cupverteidiger, der so doch noch ins Finale einzog, in dem er dem FFC Frankfurt mit 0:4 und 2:3 unterlag.
Während Frankfurt am heutigen Samstag daheim gegen den FC Arsenal London nach dem 2:1-Hinspielsieg Favorit für den Einzug ins Endspiel am 17. Mai in München ist, gilt Potsdam morgen als krasser Außenseiter. „Gerade in solchen Spielen, in denen man nichts mehr zu verlieren hat, kann man befreit aufspielen“, weiß Aferdita Podvorica aus eigener langjähriger Erfahrung. In der Saison 1996/97 hatte sie erstmals für Potsdams Erstliga- Team die Töppen geschnürt und ab 2000 zwei Jahre für den VfL Wolfsburg gekickt, ehe sie an die Havel zurückkehrte. Die Stürmerin stieg mit Turbine II in die 2. Bundesliga auf und spielte ab 2005 erneut für die erste Mannschaft, ehe vier Jahre später Schluss war. „Afro“, wie sie überall nur genannt wird, blieb Turbine als „Mutter der Kompanie“ aber erhalten, trainierte noch zwei Jahre mit einem Spielervertrag in der Tasche ab und ist seit 2011 Managerin des Erstliga-Teams.
„Ich bin jeden Tag bei der Mannschaft und habe jetzt nach der hohen Niederlage in Lyon gerade unseren jüngeren und neuen Spielerinnen vom Wunder im Rasunda erzählt“, berichtet die Kosovarin, die seit dem vergangenen Jahr einen deutschen Pass besitzt. „Sicher, wir hatten damals eine andere Truppe, die mental stärker war, weil wir mehr erfahrene Spielerinnen in unseren Reihen hatten. Aber auch unsere jetzige Mannschaft hat das Zeug dazu, das Blatt noch zu wenden.“ Sie habe noch keine zwei schlechte Potsdamer Spiele hintereinander erlebt, erklärt die jetzt 33-Jährige. Selbst 2009 sei eine Woche nach dem 0:7-Debakel im DFB-Pokalfinale gegen Duisburg durch ein 3:0 zu Hause gegen Wolfsburg noch der Meistertitel gewonnen worden. „Ich gehe davon aus, dass die Mädels Moral zeigen und wir zumindest gewinnen“, sagt sie. „Wenn Lyon fünf Tore schafft, warum sollen wir das nicht auch schaffen? Dafür muss aber alles stimmen, muss jede Spielerin – von der Nummer eins bis zur Nummer 18 – nicht 100, sondern 150 Prozent Leistung bringen. Und wir brauchen jeden Fan im Stadion. Sollten wir drei Tore schaffen, müssen uns unsere Fans zum vierten antreiben.“ Ein 4:0 würde für den Bundesliga-Spitzenreiter wegen seines Auswärtstores in Lyon reichen.
„Unsere Chance ist minimal“, weiß auch Potsdams Cheftrainer Bernd Schröder. „Aber sie ist da.“ Zumal Turbine nun doch im am Montag zunächst von der UEFA gesperrten Karl-Liebknecht-Stadion spielen kann, in dem am späten Freitagnachmittag die letzten neuen Grasbahnen ausgerollt waren. Wegen des neuen Rasens wird Olympique Lyon am heutigen Samstag nicht dort, sondern im Luftschiffhafen die letzte Trainingseinheit absolvieren. „Wir wollen auch in Potsdam unsere Überlegenheit beweisen“, kündigte Lyons Coach Patrice Lair an, der gestern Abend mit seiner Mannschaft Quartier im Kongresshotel am Templiner See nahm. „Vor zwei Jahren konnte man sich schwer vorstellen, ein deutsches Team 5:1 zu schlagen. Dies zeigt aber, wie viele Fortschritte wir gemacht haben. Wir müssen das noch einmal beweisen, um unsere Finalteilnahme zu sichern.“
Lair und seine Mannschaft werden heute um 10 Uhr von Aferdita Podvorica im Karl-Liebknecht-Stadion begrüßt, „wo ich ihnen alles zeige – den neuen Rasen, die Kabinen und was sonst rund um das Spiel noch wichtig ist“, erzählt die Teammanagerin, die bei Turbine auch die Champions-League-Beauftragte ist. Als solche wird sie heute Abend beim UEFA- Match-Meeting mit Schiedsrichterin Christina Westrum Pedersen aus Norwegen, der UEFA-Delegierten Teresa Romão aus Portugal, Lyons Vertretung und dem Sicherheitspersonal zusammenkommen. „Dann wird alles rund ums Spiel durchgesprochen – Stadion, Trikots und Spielerpässe beispielsweise.“ Am Sonntagvormittag prüft „Afro“ letztmals alle Räumlichkeiten im Stadion, ehe sie Turbines Team noch einmal an das Wunder im Rasunda erinnern will.
Der RBB überträgt das Spiel am Sonntag ab 13.50 Uhr live, Eurosport ab 18.30 Uhr als Aufzeichnung.
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