Aus dem GERICHTSSAAL: „Wir bringen euch alle um!“
Imbiss-Betreiber bedroht / Zweifel an Täterschaft
Stand:
Er sei ein Freund der Familie Y.*, habe geholfen, wo es nur ging, beteuerte Heiner H.* (44) gestern vor Gericht. Seine Ehefrau – eine Deutschlehrerin – habe den Kindern sogar Nachhilfe-Unterricht erteilt. Nie käme es ihm in den Sinn, die kurdischstämmigen Betreiber des XXL Dönerimbisses in der Brandenburger Straße zu bedrohen. Doch genau das wirft die Staatsanwaltschaft dem Handwerker vor. Am Vormittag des 20. September 2008 soll Heiner H. per Handy in dem Bistro angerufen haben. Erol E.* , der den Hörer seines Telefons aufnahm, hörte erst verbotene rechte Musik, dann „Sieg Heil und Heil Hitler. Deutschland den Deutschen. Wir haben den ersten Mai noch, wir haben den nicht vergessen. Wir kommen am ersten Mai und bringen euch alle um.“
Dieser Anruf – reichlich vier Monate, nach dem 1. Mai, der im Vorjahr mit dem Herrentag zusammenfiel – elektrisierte den Gastronomen. Damals stieß ein offensichtlich Angetrunkener aus einer Gruppe von rund 30 Männern gegen den Eiswagen des Bistros. Ein Mitarbeiter soll ihn zur Rede gestellt haben. Danach sei es zu einer Schlägerei mit mehreren Beteiligten gekommen. Es gab Leichtverletzte und Sachschaden. Die Kurden gaben an, sie hätten Parolen wie „Scheiß Ausländer“ vernommen.
Diesmal wollte Erol E. die Sache nicht auf sich beruhen lassen. Er erstattete Anzeige gegen den unbekannten Anrufer. Als Inhaber des Mobiltelefons wurde Heiner H. ermittelt. Der stellte gestern klar, er habe sich zur fraglichen Zeit mit seiner Gattin an der Ostsee aufgehalten. Das Handy habe er verlegt, es irgendwann wiedergefunden. Da sei der Akku leer gewesen. „Ich habe nicht telefoniert“, betonte der wegen zahlreicher Verkehrsdelikte sowie Betruges Vorbestrafte.
„Wir hatten nach der Prügelei am ersten Mai eine Zeitlang Telefonterror. Meist habe ich da gleich wieder aufgelegt. Aber als ich die Todesdrohung erhielt, bin ich zur Polizei gegangen“, berichtete Erol E.* (30) im Zeugenstand. „Die Stimme habe ich nicht erkannt. Es war auch mehr ein Gegröle.“ Zu jener Zeit sei die einst gute Freundschaft zu Heiner H. schon getrübt gewesen. Es habe Vorfälle gegeben, die ihn an dessen geistigen Gesundheit zweifeln ließen, so der Zeuge. „Einmal hat er mit verstellter Stimme im Bistro angerufen. Er gab sich als Arzt aus und hat behauptet, wir hätten einen Patienten von ihm mit einer Bratwurst vergiftet.“ Ein anderes Mal habe er per Versand ein Paket mit Sexspielzeug erhalten. Absender sei der Angeklagte gewesen, erzählte Erol E. „Dann kamen tonnenweise Kohlen, die wir nicht bestellt hatten.“
„Es spricht vieles gegen den Angeklagten, es spricht aber auch einiges für seine Unschuld“, erklärte der Richter. Dann sprach er Heiner H. „In dubio pro reo“ frei. (*Namen geändert.) Hoga
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