Interview: „Wir haben keine Selbstbestimmungsrechte“
Herr Wartenberg, vor 10 Jahren wurde Fahrland nach Potsdam eingemeindet. Würden Sie heute lieber in einer selbständigen Gemeinde Fahrland wohnen?
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Herr Wartenberg, vor 10 Jahren wurde Fahrland nach Potsdam eingemeindet. Würden Sie heute lieber in einer selbständigen Gemeinde Fahrland wohnen?
Ja, das fände ich besser. Bis zur Eingemeindung gehörte unser Ort als selbständige Gemeinde dem Amt Fahrland an. Das wäre auch heute noch eine gute Lösung.
Warum?
Wir haben hier doch praktisch keine Selbstbestimmungsrechte mehr. Laut Kommunalverfassung ist der Ortsbeirat meist nur anzuhören. Wirklich mitentscheiden können wir auf kommunaler Ebene nicht mehr. Es gibt höchstens noch ein paar marginale Einzelfälle, bei denen wir uns wirklich einbringen können, zum Beispiel im Planungsrecht.
Aber störungsfrei lief es auch nicht, als Fahrland noch selbständig war. Die Gemeinde hatte zum Schluss über 30 Millionen Euro Schulden am Hals. Die neuen Baugebiete entwickelten sich nicht so wie gewünscht.
Davon rede ich nicht mehr. Das Kapitel ist abgeschlossen. Nur so viel: Wir hätten die Schulden auch alleine abbauen können.
Aber es wurden damals Fehler gemacht?
Sicherlich würden wir heute manches anders machen.
Nun gibt es die beiden Wohngebiete „Königsweg“ und „Eisbergstücke“. Haben der alte Ortskern und diese neuen Wohnquartiere inzwischen zusammengefunden?
Da sind die Meinungen geteilt. Wenn wir hier mehr Infrastruktur hätten, würden die Leute auch mehr miteinander in Kontakt kommen. Es gibt zu wenige Einkaufsmöglichkeiten, auch die ärztliche Versorgung lässt zu wünschen übrig. Wir sind traurig, dass wir keine weiterführende Schule haben. Sowas würde integrieren. Wenigstens die Regenbogengrundschule konnten wir erhalten. Damals, vor der Eingemeindung, als wir pleite waren, da konnten wir uns trotzdem noch Investitionen leisten. Das geht heute nicht mehr.
Auf dem Gelände der ehemaligen Krampnitzer Kasernen soll Potsdams nächster Stadtteil entstehen. Die Flächen gehören mit zu Ihrem Beritt. Wie wird diese Entwicklung Fahrland verändern?
Mal sehen. Den Masterplan für den Potsdamer Norden, den die Stadtverordnetenversammlung von der Verwaltung gefordert hat, den gibt’s bis heute nicht. Es werden nur lauter Einzelpläne vorgelegt. Die Stadt entwickelt überall solitäre Bereiche. Wenn’s gut geht, passt’s mal zusammen, wenn nicht, werden nur neue Probleme erzeugt.
Sie meinen den Straßenverkehr?
Ja, zum Beispiel. Wenn in dem alten Kasernengelände Krampnitz einmal 4 000 Leute wohnen werden, dann ist da mit 3 000 Autos zu rechnen. Vielleicht werden die meisten nach Spandau fahren. Deswegen schreien ja auch die Groß Glienicker schon so. Aber viele von den neuen Einwohnern werden nach Potsdam fahren. Doch die Straßen sind jetzt schon sehr voll.
Und dann gibt es mit Krampnitz noch das Problem, dass nach den umstrittenen Plänen der Stadt einige Bauern landwirtschaftliche Flächen für die Wohnbebauung hergeben müssten, obwohl sie die für ihre Betriebe benötigen.
In Fahrland sind zwei Landwirte betroffen. Der Südhang des Aasbergs sollte deshalb nicht bebaut werden. Dann wäre das Problem gelöst. Auch das Land Brandenburg ist ja dagegen. Aber die Potsdamer Stadtverwaltung muss sich immer irgendwie selbst verwirklichen.
Das Interview führte Holger Catenhusen.
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