Sport: „Wir haben so oft getroffen wie noch nie“
Thomas Kandler über den Zweitliga-Meistertitel für Turbine Potsdam II und die Leistung seines Teams
Stand:
Herr Kandler, Turbine Potsdam II wurde unter Ihrer Regie erstmals Meister der zweiten Frauenfußball-Bundesliga Nord. Was überwiegt beim Trainer – Freude über den Titel oder Frust, weil Ihre Mannschaft nicht in die Erste Liga aufsteigen darf?
Eindeutig die Freude. Dass wir als zweite Mannschaft nicht aufsteigen dürfen, war ja von Anfang an klar. Das war aber zweitrangig. Den Ehrgeiz, auf Platz eins zu landen, hatten wir im Saisonverlauf schon. Und dass es am letzten Spieltag noch geklappt hat, macht den Erfolg umso schöner.
Am Pfingstmontag kann die erste Mannschaft Ihres Klubs zum vierten Mal in Folge Deutscher Meister werden. Wird sie das schaffen?
Ja, davon bin ich überzeugt. Es wird nicht leicht, wäre aber ein absolutes Novum, wenn die erste und die zweite Mannschaft eines Vereins in einer Saison gemeinsam Meister der höchsten und zweithöchsten Spielklasse werden. Das dürfte Turbine so schnell keiner nachmachen.
Wie haben Sie mit Ihrer Mannschaft den Meistertitel gefeiert?
Wir hatten nichts vorbereitet, da vor unserem letzten Spiel zu Hause gegen Werder Bremen ja noch nichts feststand, haben nach dem Abpfiff auf dem Platz ein bisschen gefeiert und anschließend in der Potsdamer Innenstadt. Die Stimmung war natürlich entsprechend.
Worauf führen Sie denn den bisher größten Erfolg der zweiten Turbine-Mannschaft vor allem zurück?
Es gab aus meiner Sicht drei entscheidende Gründe. Zum ersten haben wir als Mannschaft sehr gut funktioniert, auch beim Zusammenspiel der Anschlusskader aus der ersten mit den Spielerinnen der zweiten Mannschaft. Zweitens stimmte die Defensivleistung der gesamten Mannschaft. Wir haben es erstmals geschafft, weniger als 20 Gegentore zu bekommen, nämlich nur 16. Eine ganz wichtige Spielerin dabei war unser Kapitän Josephine Schlanke, die als absolute Führungsspielerin unsere Abwehr zusammengehalten hat. Drittens war unsere Offensivleistung ausschlaggebend, denn wir haben auch so oft getroffen wie noch nie. Wobei speziell unsere drei Stürmerinnen Erica Dillmann, Sandra Starke und Lidija Kulis sehr gut zusammenspielten und zwei Drittel aller 77 Tore erzielten.
Gleich 22 Tore trug Lidija Kulis bei, die zur ersten Mannschaft gehört, aber nur eine knappe halbe Stunde in der Ersten Liga eingesetzt war. Was zeichnet die Bosnierin besonders aus?
Vor allem ihre Dynamik und ihre Einstellung. Sie arbeitet wirklich über 90 Minuten nach vorn und nach hinten. Und sie hat einen guten linken Fuß.
Hat sie sich aus Ihrer Sicht für mehr Einsätze in der ersten Mannschaft empfohlen?
Das Potenzial dafür hat sie, aber sie muss fußballerisch noch ein bisschen besser werden. Zum einen hat sie noch Reserven in der Chancenverwertung, denn sie hätte in dieser Saison 10, 15 Tore mehr erzielen können; die Möglichkeiten dazu hatte sie. Außerdem fehlt ihr in einigen Situationen noch ein bisschen die Übersicht. Und sie muss sich noch dem Tempo in der Ersten Liga anpassen. Aber sie hat die Voraussetzungen, einmal den Sprung hoch zu schaffen.
Wer von Turbine II konnte sich außerdem für höhere Aufgaben in den Fokus spielen?
Erica Dillmann und Wibke Meister, die in der zweiten Halbserie von den U17-Juniorinnen zu uns kam. Sie werden jetzt in den Trainingskader der ersten Mannschaft aufrücken.
Steht schon fest, wer Turbine II verlassen wird?
Judith Bast, die in diesem Jahr bei uns Stammspielerin war, wird aufhören, weil sie derzeit ihr Abitur macht und dann ein Auslandsstudium aufnehmen will. Und Anne-Kathrin Hübner, die schon mehrere Jahre bei uns spielte und den Sprung nach oben nicht geschafft hat, wird auch aufhören, wechselt aber nicht den Verein. Hinter ein, zwei Spielerinnen stehen noch Fragezeichen, es ist aber noch nichts entschieden.
Haben Ihre Spielerinnen jetzt schon frei oder sind sie weiter am Ball?
Wir haben bis Ende der Woche nach Pfingsten noch Training. Dann ist erst einmal Pause, ehe am 16. Juli die Vorbereitung auf die neue Saison beginnt. Derzeit planen wir, mit einem gemeinsamen Wochenende der ganzen Mannschaft noch einen schönen Saisonabschluss zu finden, denn einen solchen Erfolg wie diesmal hat man nicht in jedem Jahr.
Das Interview führte Michael Meyer.
Thomas Kandler (39) ist Landestrainer des Fußball-Landesverbandes Brandenburg für den weiblichen Bereich und trainiert seit 2005 den Frauenfußball-Zweitligisten Turbine Potsdam II.
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